Verfahrene Kiste
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Mittwoch, 10. November 2021 14:21
An: ...
Betreff: Anfrage
Guten Tag Herr Thiel,
ich glaube, ich benötige ihre Hilfe, weiß aber nicht so richtig, ob ich bei
ihnen überhaupt richtig bin.
Also, mein Problem ist das im Moment gespannte Verhältnis zwischen meiner
Ehefrau und meinen Sohn.
Kurz zur Vorgeschichte:
Mein Sohn Max (Name geändert) ist 21 Jahre alt
und lebt seit etwa einem dreiviertel Jahr im Nachbarhaus. Meine Eltern sind
verstorben, das Haus stand leer und Max hat im Ort eine Arbeit gefunden. Um ihn
die tägliche Anfahrt von X zu ersparen, kam die Idee, in das Haus zu ziehen.
Vorher hat er in X gewohnt in einer kleinen 1-Raumwohnung. Diese Wohnung hat er
auch noch nach wie vor. Er weiß nicht, wie sich das mit der Arbeit entwickelt
und möchte die als Sicherheit noch behalten. Max bewohnt diese 1 Raumwohnung
seit etwa 2 Jahren, vorher hat er bei seiner Mutter in X gelebt und ich denke
mal auf Grund seiner Ordnung und es gab auch Handgreiflichkeiten zwischen ihn
und seiner Mutter, hat/sollte er sich etwas eigenes suchen. Seine Wohnung
befindet sich in unmittelbarer Nähe zu seiner leiblichen Mutter. Ich habe den
Max öfters besucht in seiner Wohnung… die Ordnung…eine Katastrophe…dreckige
Wäsche überall, Essensreste, Geschirr türmte sich …sah so aus wie man das
manchmal im Fernsehen sieht.
Zu seiner leiblichen Mutter habe ich keinen Kontakt. Sie hat damals die
gemeinsame Wohnung mit dem Jungen, da war er etwa 6 Monate alt verlassen. Seit
dieser Zeit wurde der Umgang im Jugendamt X geregelt. Informationen über den
Gesundheitszustand vom Max kamen sehr selten. Beiläufig erhielt ich mal die
Mitteilung, dass bei ihm ADS diagnostiziert wurde, nahm auch Medikamente
deswegen. Den Umgang musste ich mir immer wieder neu erkämpfen auch teilweise
mit anwaltlicher Hilfe. Erst als Max reifer wurde und wahrscheinlich er selber
mehr Kontakt zum Vater wollte, kam es zu mehr Kontakt auch außer der Reihe. Das
ging auch so weit, dass mich das Jugendamt zu Hilfe rief, weil er gegenüber der
Mutter handgreiflich wurde. Er wohnte daraufhin mehrere Monate bei mir. Im
Urlaub eskalierte dann die Situation, ich vermute auch telefonisch angestachelt
von seiner Mutter….nach Handgreiflichkeiten nach dem Urlaub zu Hause ist der
dann aus dem Fenster gesprungen, seine Mutter hat im Auto gewartet und weg, also
ich habe alles durch, Polizei im Haus usw.…
Das Verhältnis zu Max hat sich in den letzten Jahren wieder normalisiert, wir
treffen uns oft, er hilft, auch wenn man ihn mehrmals dazu auffordern muss, ich
sag mal ein normales Verhältnis und es wurde besser seit er im Nachbarhaus
wohnt, ich bin gern mit meinem Sohn zusammen.
Meine Frau, Simone (Name geändert), wir kennen
uns seit über 10 Jahren und haben dieses Jahr geheiratet. Na ja Simone ist
manchmal ein bisschen kompliziert. Auf Grund einer Erkrankung (u.a. leidet an
Depressionen) hat sie seit Jahren Antrag auf EU Rente gestellt, aber die
Bewilligung dauert und dauert, ist also zu Hause kümmert sich um Haus und Hof.
Mehrmals in der Woche fährt sie nach Y und übt dort eine Tätigkeit als
Betreuerin aus und hilft älteren und kranken Menschen zu Hause bei der täglichen
Hausarbeit oder bei Behördengängen. Simone selbst war schon mal verheiratet, hat
zwei Kinder, alle groß, selber Familie.
Zwischen Max und Simone gibt es öfters mal kleine Neckereien/Reiberein. Ich
versuche solche, grundsätzlich Sachen zu vermeiden, ich brauche Familienfrieden,
der ist mir sehr wichtig.
Nun nimmt es der Max mit Ordnung nicht so genau. Simone fühlt sich hier in der
Verantwortung im Nachbarhaus, nach dem Tod meiner Eltern, dass auch dort eine
gewisse Grundordnung beibehalten wird. Max möchte natürlich nicht, dass in
seiner Abwesenheit das Haus betreten wird. Max wurde zur Nutzung im Haus
einzelne Räume freigegeben und in denen sieht es natürlich aus…Aufräumen ist
Sonntag, sagt er, leider fällt dieser Wochentag manchmal aus, das ärgert mich
und auch Simone. Max weiß das. Er bemüht sich ja auch, aber.
Der Zugang von Simone in das Haus ist Max ein Dorn im Auge, baut Türklingen ab….
und so hat er kurzer Hand den Schlüssel heimlich von uns weggenommen. Simone
hat überall bei uns im Haus gesucht, die Nachbarin gefragt, die einen Schlüssel
für unser Haus hat, für den Notfall, wenn wir nicht da sind und auch Max gefragt
nach dem Schlüssel. Kein Schlüssel auffindbar.
Vor einigen Tag stand die Tür zum Haus bei Max auf, hat er wohl vergessen zu
schließen, ging auf Arbeit und da hat Simone das Haus betreten und bei ihm den
Schlüssel gesucht und auch gefunden. Am Schlüsselbund fehlten allerdings
Schlüssel.
Also hat sie sich Tage später noch mal ins Haus begeben um die fehlenden
Schlüssel gesucht. Was sie nicht wusste, (ich übrigens auch nicht) Max hat
Überwachungstechnik gekauft installiert und hat alles gefilmt und wusste somit
wo Simone sucht. Dabei ist ein Film entstanden. Max hat mir diesen Film gezeigt.
Dabei ist zu sehen, wie Simone in einem Schrank die Schublade aufzieht und mit
den Händen etwas macht. Ganz genau kann ich nicht erkennen, was dann passiert.
Max ist der Meinung, dass Simone dort Geld entnommen hat. Ich habe mit Max
mehrmals über diese Szene gesprochen und ihm auch gesagt, dass man es nur
behaupten soll, wenn man sich ganz sicher ist, dass etwas fehlt. Ich habe mit
Simone darüber gesprochen, sie meinte, sie hätte die Kamera gesehen, aber kein
Geld entnommen. Max selber weiß auch nicht die Summe, die in der Schublade war.
Er ist eben der Meinung, der Film zeigt, die hat mich beklaut. Harte Worte…,
droht zur Polizei zu gehen….
Ich sehe mich hier nicht in der Lage beide an einen Tisch zu holen und diesen
Konflikt zu lösen, stehe zwischen den Stühlen, da hier viele Emotionen eine
Rolle spielen und ich auch hier in einen Loyalitätskonflikt zum meiner Frau und
zu meinem Sohn stehe.
Können Sie mir/uns in diesen Fall helfen, als unabhängiger Moderator fungieren?
Ich habe mit beiden noch nicht darüber gesprochen, dass ich mir hier Hilfe von
dritter Stelle hole, wenn eine Partei das nicht wünscht, müssen wir eh alleine
klarkommen, davon würde ich aber erstmal nicht ausgehen.
Ich habe es etwas ausführlich beschrieben und hoffe sie können sich ein Bild von
der Situation machen und merken wie verfahren die Kiste ist.
Danke schon mal.
Mit freundlichen Grüßen
...