Unabhängigkeit
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 25. Juni 2024 09:06
An:
Betreff: Paartherapie
Hallo Herr Thiel,
wir, Martin und Johanna - Namen geändert,
benötigen Unterstützung.
Unser offensichtliches Dilemma besteht darin, dass ich (Johanna) zur Zeit mehr
Freiraum benötige und mein Mann (Martin) mehr Nähe.
Seit einem guten Jahr bin ich nicht mehr in der Lage meinem Mann meine Liebe zu
bekunden. Durch meine Depression 2021/2022 ist meine gesamte Gefühlswelt sehr
abgestumpft.
Die Therapeutin in der Rehaklinik (Anfang 2024) hat mir gesagt, dass die Gefühle wieder kommen, wenn der Druck abnimmt.
Die unausgesprochene Erwartungshaltung meines Mannes empfinde ich als belastend.
Seit 2022 bin ich auch nicht mehr in der Lage dem sexuellen Verlangen meines Mannes gerecht zu werden.
Das Verlangen meines Mannes war immer ein wenig höher als meines, seit Februar
2024 ist dies nahezu zum Erliegen gekommen.
Damit Sie sich ein besseres Bild machen können, versuche ich kurz unseren Weg zu
beschreiben:
Unsere Wege haben sich vor ca. 7 Jahren gekreuzt, da unsere besten Freunde ein
Paar geworden waren.
Seit Dezember 2017 führen wir eine Beziehung und wohnen zusammen.
2019 haben wir uns verlobt und 2020 geheiratet und ein Haus gekauft. 2021 haben
wir ... (Hund) in unser Leben geholt.
Seit 2022 wissen wir, dass ich (Johanna) keine Kinder bekommen kann.
2022 wurde eine Depression/Anpassungsstörung bei mir diagnostiziert und medikamentös und therapeutisch behandelt.
Ende 2022 haben wir eine künstliche Befruchtung versucht, die gescheitert ist.
In diesem Zeitraum wurde bei meinem Mann Schlafapnoe diagnostiziert. Aus diesem Anlass hat er sich im März 23 einer OP unterzogen.
Anfang 2023 wurde bei mir eine Sarkoidose festgestellt, die im Laufe des Jahres wieder zurück gegangen ist.
Ende 2023 war ein Burn-Out meines Mannes (Martin) soweit fortgeschritten, dass
er seit Weihnachten 2023 krankgeschrieben ist und seit 21.05. in der Tagesklinik
in ... behandelt wird.
Ich war Anfang 2024 für 5 Wochen in einer psychosomatischen Reha.
Ich bin seit Ende 2022 in therapeutische Behandlung, mein Mann seit Anfang des
Jahres 2024.
Beruflich bin ich seit 12 Jahren im ... und konnte 2020-2023 komplett im Home
Office arbeiten, weshalb ich viel im Haushalt und Garten erledigt und den Hund
erzogen habe. 2018 und 2024 habe ich meinen Aufgabenbereich und damit das Team
innerhalb der Abteilung gewechselt.
Mein Mann hat Mitte 2019 bei ... als Projektleiter gekündigt und hat nach einer
kurzen, ungeplanten Arbeitslosigkeit bei ... als Assistent der Geschäftsführung
angefangen. Nach kurzer Zeit hat er fortwährend viel Verantwortung und
Aufgabenbereiche dazu bekommen. Er hat nicht die Möglichkeit im Home Office zu
arbeiten.
Ich, Johanna, habe Probleme meine Bedürfnisse wahr zu nehmen und auf sie zu
achten. Außerdem komme ich aus einer Familie in der ich nicht gelernt habe mit
Konflikten um zu gehen. Diese Umstände haben dazu geführt, dass ich mich sehr
dafür verantwortlich fühle die unausgesprochenen Bedürfnisse meines Mannes
voraus zu ahnen und vorab zu befriedigen. Außerdem versuche ich unangenehme
Gespräche zu vermeiden und Probleme ohne fremde Hilfe zu lösen.
Ich (Martin) habe beruflich wie auch privat nie gelernt „nein“ zu sagen. Somit
helfe ich oft über meine Ressourcen hinaus.
Dinge und Themen loszulassen fällt mir schwer. Ab und an fällt es mir schwer Dinge, die ich für meinen beruflichen Kontext gelernt habe, privat nicht anzuwenden (Rethorik, Körpersprache). Hier dran arbeite ich aktuell.
Die Situation, die wir gerade als Paar bestreiten schmerzt mich sehr.
Ich versuche konstant Johanna Raum zu geben, tue ich dies nicht, steigt der
Konflikt. Dies ist extrem schwer für mich, da meine Bedürfnisse darunter leiden.
Wir würden uns freuen von Ihnen zu hören.
Viele Grüße,
Johanna und Martin Held