Traurigkeit
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Mittwoch, 19. Juni 2019 06:37
An: ...
Betreff:
Guten Morgen,
ich bin auf Ihre Seite gestoßen, da ich ziemlich verzweifelt bin gerade. Mein Mann und ich stehen vor der Trennung bzw ich habe die Trennung ausgesprochen.
Gestern hatte ich einen Termin bei einem Therapeuten der mich aufgrund einer generalisierten Angststörung aus dem Jahr 2008 bereits kennt.
Ich habe ihm die Situation geschildert und er meinte ich hätte Depressionen und hat mir eine stationäre Therapie empfohlen.
Ich habe viel darüber nachgedacht, und bin letztendlich auf ihre Homepage gestoßen und denke das diese Depression bzw Traurigkeit aus der Situation stammt.
Ich möchte mein Leben nochmal ändern und mir fällt es schwer gerade jetzt wo die Trennung ausgesprochen ist, einen klaren Gedanken zu fassen.
Können Sie mir vielleicht helfen mich wieder zu sortieren?
Über eine Rückmeldung würde ich mich freuen.
Gruss ...
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Freitag, 7. September 2018 12:14
An: ...
Betreff: Probleme mit Lebensgefährten und Erziehung seiner Kinder
Sehr geehrte Damen und Herren der Familienberatung,
meine Name ist ..., ich bin 44 Jahre alt und wohne in ....
Seit 8 Jahren lebe ich mit einem Lebensgefährten ..., 46 Jahre zusammen in
seinem Haus.
Auch seine großen Kinder leben mit bei uns, diese
sind 19 und 15 Jahre. ... Ich selbst habe eine 11 jährige Tochter. Gemeinsame
Kinder haben wir keine.
Schon von Anfang an- gab es immer wieder Unterschiede in Sachen
Erziehungsansichten. Oft haben wir geredet, unter anderem habe ich auch schon
eine Therapie gemacht- weil ich von seinen Töchtern nicht akzeptiert wurde.
Seine Ex-Frau wohnt im selben Ort. Sie wohnt in einer kleinen Wohnung.
Die Mädchen schlafen auch öfters bei ihr. Da gibt es aber keine Regelmäßigkeit-
die schlafen spontan da wo es ihnen gerade am besten passt.
Womit ich zur Zeit große Probleme habe, ist der Umgang mit dem Besuchsrecht des
Freundeskreis der großen Töchter. Mein Mann sieht alles sehr sehr locker. Die
19-jährige bekommt jedes Wochenende Besuch von Freundinnen- die gehen meistens
zusammen aus- machen sich bei uns fertig und glühen sozusagen vor. Die
15-jährige trifft sich auch jedes Wochenende mit ihren Freunden und Freundinnen-
auch meistens bei uns- die gehen dann abends zusammen auf irgendein Geburtstag
oder einer Feier- oder sonstige Party.
Manchmal holt mein Mann sie nachts irgendwo ab- oder die kommen mit S-Bahn nach
Hause.
Bis jetzt ist immer alles gut gegangen. Aber hat er
nicht die Aufsichtspflicht und muss dafür sorgen, das das Mädel um 22.00 Uhr zu
hause ist?
Es kommt allerdings auch immer wieder mal vor, das gerade die 15 jährige mitten
in der Nacht am Wochenende Besuch empfängt, von "Freunden"
die ich nicht kenne oder noch nie gesehen habe. Mein Mann verkauft mir das dann-
als: "och- den kenn ich- der ist in Ordnung". Ich finde das aber nicht in
Ordnung, das mitten in der Nacht (gegen 1:00)- bei uns fremde Personen im Haus
herum laufen. Schließlich schlafe ich im Nachbarzimmer und meine Tochter auch.
Diese Situationen sind nun schon mehrfach vorgekommen.
Jetzt aktuell am letzten Wochenende, da hatte ich Geburtstag und meine Familie
war zu Besuch auch zum übernachten.
Da hat die 15-jährige wieder nachts Besuch von fremden Jungs bekommen und bei
uns auf der Terasse sitzen wollen.
Mein Mann fand das o.k.
Ich kann damit nicht leben. Es war auch schon so- das wir mit Freunden von einem
Weinfest zurück gekommen sind- und die Mädels bei uns ungefragt- mit ihren
Freunden eine spontane Party im Keller gemacht haben. Das war auch mitten in der
Nacht.
Ich komme mir im eigenen Haus vor- wie eine fremde Besucherin. Mein Mann setzt
sich knall hart- zu den Jugendlichen- und trinkt mit denen noch ein Bier und
fühlt sich dann selbst wie ein 20-jähriger. Der findet das alles cool.
Ich habe das meinen Mann schon mehrfach mitgeteilt, das ich mich dabei sehr
unwohl fühle und keine Sicherheit empfinde. Er ignoriert das aber. Und lässt die
nächtlichen Besuche immer wieder zu.
Wir haben daher eine sehr große Diskrepanz zwischen uns. Ich bin auch langsam
nicht mehr bereit- wieder und wieder auf meinen Mann zuzugehen und ihm meine
Gefühle mit zu teilen.
Mit den Mädels brauche ich darüber nicht zu sprechen. Die bilden eine gemeinsame
Front mit ihrem Vater gegen mich.
Da habe ich null Chance.
Eine weiteres großes Problem habe ich mit der Ordnung im Haus. Ich bin ein
ordnungsliebender Mensch.
Ich bin aufgewachsen mit der Erziehung- das Kinder im Haushalt mit helfen. Meine
Tochter muss dementsprechend auch kleinere Tätigkeiten im Haushalt mit machen-
sie hat als feste Aufgabe den Müll 1 x die Woche auszuleeren und alle 14 Tage
die 'Couch sauber zu machen. Seine Kinder hingegen müssen gar nichts machen. Da
sie am Wochenende bis mittags schlafen und sich danach wieder mit Freunden
treffen oder sonstige Sachen zu tun haben. In ihren eigenen Zimmern herrscht
meistens das totale Chaos. Selbst wenn er mal durch greift und verlangt- das
aufgeräumt wird, sieht es innerhalb weniger Tage wieder total chaotisch aus.
Slips und Socken durcheinander auf den Boden geworfen- Kleidung im Schrank
zerknüllt hinein geworfen- Berge von Klamotten überall. Und die Regale sind voll
mit Bergen von Staub. Ich habe mir abgewöhnt, da was zu sagen- denn es ist alles
sinnlos.
Nach dem Essen räumen die großen Mädels wenigstens den Tisch mit ab, mein Mann
macht immer die Küche danach.
Meine Tochter räumt auch den Tisch mit ab. Aber ich muss es ihr immer sagen.
Überhaupt hat sie sich die "Haushalt-Faulheit"
von den Großen abgeschaut und ich hab ständig Diskussion mit ihr. Da kommen
natürlich auch die Sprüche geflogen- das die anderen Beiden das ja auch nicht
machen müssen.
Größtenteils liegen die großen Mädels im Bett- oder auf der Couch und datteln
mit ihren Handys. Dann spielen sie laute Videos ab- das nervt mich auch wie
sonst was. Wenn ich was sage- wird rumgemault.
Alles in allem geht das schon seit Jahren so. Ich bin total unglücklich, weil
ich immer wieder Situationen runter schlucken muss.
Und wenn ich mich mal aufbäume, habe ich großen und stundenlangen Krach mit
meinem Mann und seinen Kindern. Die machen dann ein riesen Theater mit Heulen
und aus dem Haus raus rennen und schluss letztendlich kommt dann immer wieder
hoch- "warum hast du dich von Mama scheiden lassen" - die Scheidung ist
allerdings schon 7 Jahre her.
Ich habe keine Kraft mehr. Möchte am liebsten mit meiner Tochter ausziehen. Ich
habe aber große Angst davor- diesen Schritt zu gehen. Ich nehme meiner Tochter
den Vaterersatz weg (zu ihrem eigenen Vater hat sie leider kein gutes
Verhältnis), und außerdem habe ich Angst- das meiner Tochter diese Trennung
total den Boden unter den Füßen weg reist. Das Haus zu verlassen und ihre
Stievschwestern zu verlassen. (die mögen sich untereinander) Seine Familie mag
mich, ihnen zu sagen- was ich denke und fühle und gar eine Trennung zu sagen,
ist für mich der Horror. Auch meine Familie wäre geschockt.
Ich habe Angst keine bezahlbare Wohnung zu finden (die Wohnungen im Raum ...
sind sehr teuer). Ich arbeite 30 Stunden die Woche. Meine Tochter ist gerade ins
Gymnasium gekommen und braucht einfach noch Betreuung von mir.
Überhaupt habe ich Angst vor einem finanziellen Totalruin. Die Güter zu trennen-
keine Umzugshelfer zu finden u.s.w.
Können Sie mir mit einer Beratung zur Seite stehen? Ich weiß nicht mehr weiter.
Mir geht es nicht gut. Jeden Tag versuche ich stark zu sein und es mir nicht
anmerken zu lassen. Mit meinem Mann rede ich seit 1 Woche nicht mehr. Bzw. er
nicht mit mir. Er hat mir meinen Geburtstag am Sonntag total vermiest- in dem er
mich an diesem Tag schon ignoriert hat. Nur die höflichen normalen
Alltagsfloskeln tauschen wir aus.
Traurige Grüße
...
------Ursprüngliche Nachricht-----
Von:...
Gesendet: Freitag, 7. September 2018 13:21
An: ...
Betreff: AW: Probleme mit Lebensgefährten und Erziehung seiner Kinder
Sehr geehrte Frau ...,
Danke für Ihre Anfrage und Ihre ausführliche Beschreibung der Problematik, die
mich sehr berührt hat.
Ich denke, eine fachliche Begleitung ist hier sehr sinnvoll, damit die
Problemlage sich nicht weiter verschärft und Sie womöglich noch krank werden,
weil Sie keine andere Lösung finden.
...
Mit freundlichen Grüßen
Peter Thiel