Stolzer Krieger
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Montag, 20. Juni 2022 15:39
An: ...
Betreff: Vielleicht können Sie helfen
Sehr geehrter Herr Thiel,
Ich habe Ihre Werbung bei ... gelesen. Im Voraus habe ich meine gesetzliche
Krankenkasse kontaktiert und generelles Einverständnis für ein
Kostenübernahmeverfahren erhalten. Die Auskunft der AOK ... ist, dass sie in dem
geschilderten Fall der Kostenübernahme für eine Einzel, - Paar und
Sexualtherapie für mich und meine Frau zustimmen, wenn ich nachweisen kann, dass
in kurzer Zeit kein Therapeut oder Psychologe mit Kassenzulassung und dem
benötigten Leistungsspektrum im Umkreis von 100 km zur Verfügung steht und der
ausgesuchte Therapeut mit mir zusammen im Vorfeld der Behandlung einen von
Ihm/ihr unterschriebenen Antrag auf Kostenübernahme an die AOK ... stellt.
Das geschieht auf der Basis einer von der Schmerzärztin Frau Dr. ...
diagnostizierten und der AOK anerkannten chronischen Schmerzerkrankung und
Polyneuropathie. Sollte die Diagnose nach ICD-10 durch einen niedergelassenen
Psychiater zusätzlich notwendig sein, dürfte auch das kein Problem darstellen,
da ich bei Frau ... in ... bis zur Abgabe Ihrer Kassenzulassung vor wenigen
Wochen in Behandlung war. Vielleicht kann ich also bei einer kurzen Beschreibung
des Problems (so kurz es eben geht) und vor allen Dingen bei der Beschreibung
der damit verbundenen Abhängigkeiten eine Behandlung also ich denke als Einzel-
Sexual und Paartherapie im privaten Kontext erreichen. Die Komplexität der
vorhandenen Probleme macht die Begrenzung auf einige wenige Sitzungen eher
unwahrscheinlich und ich muss auch erfragen ob Sie alternativen
Beziehungsmodellen, die vielleicht meine Frau anstrebt offen gegenüber stehen,
denn der leiseste Versuch sie zum Überdenken zu bewegen würde vermutlich Ihre
Mitarbeit beenden.
Ich werde in einem Monat 63 Jahre alt, bin seit 18 Jahren verheiratet, mit einer
24 Jahre jüngeren Frau und wir haben drei Kinder. Meine Frau habe ich während
eines jahrelangen Einsatzes als ... bei der Arbeit auf Großbaustellen in ...
kennengelernt und geheiratet. Der Große Sohn, ..., in ... geboren hat gerade
sein Abitur gemacht und unsere Zwillinge ... & ... sind gerade erst sechs Jahre
alt. Wenn ich sage, dass all diese Menschen nicht nur auf dem Fortbestand
unserer Ehe angewiesen sind sondern ein Recht darauf haben möchte ich damit nur
ausdrücken, dass ich hier nicht nur versuche mir selbst zu helfen, sondern dass
ich Leid von meiner Frau und meinen Kindern abwenden möchte. Leider hat meine
intensive Suche der letzten vierzehn Tage nur sehr wenige Therapeuten im Umkreis
von 100 km ergeben, die sich in allen beteiligten Problemgebieten betätigen und
vor allen Dingen kann ich nach der rückwirkend auf 2019 festgestellten
Erwerbsunfähigkeitsrente trotzdem meine Frau als voll ausgebildete und 11 Jahre
im hiesigen Krankenhaus arbeitende Gesundheits- und Krankenpflegerin ... nicht
einmal das Geld für eine Wurzelkanalbehandlung leisten, geschweige denn € 120.00
für eine Stunde Therapie aufbringen. Der Grund ist, dass meine Rente seit
Februar diesen Jahres € 500.00 weniger im Familienbudget bedeutet und nicht
einmal die Miete abdeckt.
Ich war 20 Jahre meines Lebens ... und habe danach weitere 20 Jahre immer mit
schwerstgewichten, wenig gesundheitsschonenden Maschinen, Geräten und
Materialien gearbeitet. Außerdem besteht eine familiäre Disposition zu schweren
Erkrankungen der Wirbelsäule, die ich als jüngerer Mann einfach nicht
wahrgenommen habe. Das hatte zur Folge, dass ich in den letzten fünf Jahren
sechs Mal an der Lendenwirbelsäule operiert wurde, dazu einmal an der
Halswirbelsäule und im letzten Jahr wurde die Lendenwirbelsäule auf gesamter
Länge mit dem Kreuzgelenk stabilisiert und alle Bandscheiben entfernt. Bei
dieser großen OP habe ich mir zusätzlich einen Krankenhauskeim eingefangen,
musste noch einmal operiert werden und war zwei Wochen mit Entzündungswerten
über 300 von Bluttransfusionen und „last line“ Antibiotika und der gesamten
Kunst der Ärzte abhängig. Folge des Ganzen ist eine chronische Schmerzerkrankung
und eine Polyneuropathie von der Gürtellinie abwärts Das alles geschah aber auch
in der Zeit in der unsere Zwillinge aufgewachsen sind. Kurzum unsere Sexualität
kam nach der Zeugung unserer Kinder völlig zum Erliegen, was teilweise auf die
Pre-Eklampsie meiner Frau, die schwierige Schwangerschaft, die schwierige Geburt
von Frühchen und deren erste Jahre der Zwillinge etc., meiner teilweise
Unfähigkeit zu Sex wegen der Taubheit des gesamten Bereichs (was bisher nicht
auffiel, da wir wegen der Kinder in unserem Bett sowieso keinen Sex haben
konnten und der bis heute bestehenden Schwierigkeiten, deren Überwindung
eigentlich nur mit einem so vertrauten Menschen, wie meiner Frau überhaupt
möglich erscheint.
Die chronischen Schmerzen werden mit Medikamenten bekämpft, die die oben
geschilderte Situation noch weiter verschärfen und trotz 60 mg Morphium und
einer Vielzahl von spezifisch wirkenden Schmerzmitteln ist der Schmerz immer da,
den ganzen Tag und in der Nacht wache ich oft auf und muss aufstehen, weil ich
nicht mehr liegen kann. Natürlich ist mein Verhalten nicht immer ausgeglichen,
ich bin nicht unfehlbar aber das betrachtet in Verbindung mit einer durch das
Absetzen der Pille und vermutlich auch mit Erreichen der Mitte Dreißig führenden
Explosion der Sexualität meiner Frau, die keine andere Möglichkeit zur Lösung
sah als von mir die Öffnung der Beziehung (scheint mir nur für sie zuzutreffen),
einem fortan polyamorösen Lebensansatz oder die Zerstörung unserer Ehe zu
verlangen und innerhalb von weniger als einen Monat in die Tat umzusetzen. Aus
Liebe zu ihr und das respektiere ich als einzigen Grund räume ich ihr die
Freiheit, die sie sich erstritten hat ein und versuche das alles irgendwie zu
verarbeiten. Mein Verstand sagt mir, dass es vermutlich so kommen musste aber
meine Gefühle bringen mich um (nicht nur den Verstand).
Zusätzlich zu alledem, was in den letzten Jahren aus dem „stolzen Krieger“ und
Globetrotter einen Mann gemacht hat, dem es schwer fällt 100 Meter am Stück zu
laufen ohne dass seine Beine anfangen zu tun, was sie wollen, bringt auch mich
so manches Mal dazu den Gedanken an die erlösende Wirkung des eigenen
freiwilligen Lebensendes zu viel Platz in einem sonst so analytischen und
vorwärtsorientierten Gehirn einzuräumen.
Ich kann Sie also nur bitten, so schnell als irgend möglich zu helfen, wenn
Ihnen das irgendwie möglich ist, mehr kann ich nicht tun
Mit freundliche Grüßen
...