Selbstaufgabe
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 1. November 2022 21:25
An: ...
Betreff: Anfrage für Familienberatung/-therapie
Sehr geehrter Herr Thiel,
ich suche Hilfe für meine Mutter Marianne - Name geändert, 70 Jahre alt,
wohnhaft in .... Sie ist physisch und mental in Besorgnis erregendem
Zustand, aber lässt sich nur äußerst schwer helfen. Als ihre einzige Tochter
gibt es sonst niemanden, der sie unterstützt. Ich suche fachliche Hilfe, weil
ich die Probleme meiner Mutter alleine nicht lösen kann und sie außerdem auch
nur wenig zulässt, sie ist sehr stur und stolz. Unsere Mutter-Tochter-Beziehung
gleicht einer Achterbahnfahrt, ich überlege immer wieder, ob ich den Kontakt
nicht abbrechen soll. Die Art, wie sie ihr Leben lebt und mich oft feindselig
behandelt, obwohl ich ihr nichts als helfen will, belastet mich selbst.
Ich möchte Ihnen kurz die Umstände schildern, um die Dringlichkeit deutlicher zu
machen. Meine Mutter hat es aufgegeben für sich selbst gut zu sorgen und lebt
seit Jahren in Isolation, ohne Strom, Wasser und Heizung, ohne finanzielles
Einkommen. Aber sie hortet Lebensmittel und Gegenstände, die sie im Haus meiner
verstorbenen Großmutter sammelt. Im Sommer hatte sie schon eine gefährliche
Lebensmittelvergiftung davon getragen.
Das Haus selbst kann sie nicht instand halten, es verfällt immer mehr. Es gehört
zur Hälfte auch ihrem Bruder, zu dem ein sehr belastetes Verhältnis besteht. Er
sucht sie regelmäßig auf und drangsaliert sie, verbal und physisch, verschafft
sich Zugang, entwendet Gegenstände. Meine Mutter leistet dagegen keinen
Widerstand und reagiert nur mit Rückzug. Sie ist nicht in der Lage für ihre
eigene Sicherheit und für ihr Wohlergehen zu sorgen.
Vor einem Monat bin ich deshalb von ... nach ... gezogen, um etwas für sie zu
tun und wenn es auch nur ein bisschen Orientierung ist. Sie nimmt Hilfe von mir
nur sehr widerwillig, in Form von Sachgütern an. Mal ein Essen, eine Dusche,
mein Auto, Strom zum Handy aufladen. Aber beraten lässt sie sich nicht, das
empfindet sie als Bevormundung. Sie ist wie gesagt äußerst stur, wünscht sich
wenn überhaupt nur praktische Hilfe im Haus von einer neutralen Person, nicht
von mir. Ich biete ihr trotzdem immer wieder meine Hilfe an und komme dabei
regelmäßig an meine Grenzen, da sie mit meinen Gegenständen, die ich ihr leihe,
nicht gut umgeht. Heute bekam ich einen Anruf von der Polizei, die mein Auto
mitten in ..., offen rumstehend auf der Straße gefunden hatte. Meine Mutter
hatte es dort einfach abgestellt und war dann verschwunden. Wie sich später
herausstellte, um Supermarkt-Abfälle sammeln zu gehen. Dass das grobe
Fahrlässigkeit und alles andere als normal ist, will sie sich nicht sagen
lassen, wird dann aggressiv. Sie empfindet es auch als Angriff, wenn ich ihr
meine Grenzen als Gastgeberin vorsichtig kommuniziere (sie schleppt tütenweise
Unrat, abgelaufene Lebensmittel und unangenehme Gerüche in meine Wohnung) und
diese von ihr respektiert sehen möchte. Ich werde dann aber meist nur mit
Kontaktabbruch „bestraft“.
Sie erkennen nach diesen Schilderungen sicherlich auch den Ernst der Lage.
Könnten Sie mir evtl ein Beratungsgespräch anbieten, was man aus
psychologisch-sozialer Sicht jetzt tun kann, um einen Zugang zu meiner Mutter
herzustellen? Natürlich würde ich versuchen, meine Mutter zu einem gemeinsamen
Gespräch mit einer dritten Person zu bewegen.
Ich freue mich über jeden Rat oder Weitervermittlung in Ihrem Netzwerk.
Herzlichen Dank!
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