Machtgefälle
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Freitag, 4. Juni 2021 15:36
An: ...
Betreff: Bitte um Beratungstermin
Sehr geehrter Herr Thiel,
gerne möchte ich um eine Terminvereinbarung für einen Paarberatungstermin
bitten.
Vielleicht ist es hilfreich, im Vorfeld ein paar Hintergrundinformationen zu
bekommen..
Mein Mann und ich sind seit 15 Jahren ein Paar; seit 12 Jahren verheiratet. Wir
haben einen Altersunterschied von 23 Jahren und sind kulturell unterschiedlich
sozialisiert (.../Deutschland). Unser Sohn ist 6 Jahre alt.
Unser Hauptproblem liegt in unserer beiderseitigen Konfliktunfähigkeit bzw. Unfähigkeit zu wertschätzendem Dissens.
Oft eskalieren unsere Auseinandersetzungen auf unschöne Weise und lassen uns beide verzweifelt zurück. Der Hintergrund ist meiner Meinung nach ein beiderseits jeweils wahrgenommenes, stark von Gender-Dynamiken beeinflusstes (Ohn)machtgefälle.
Während mein Mann sich durch meine harsche Art zu streiten nicht ernstgenommen und wertgeschätzt ja sogar herabgesetzt fühlt, komme ich mir regelmäßig bevormundet, "überredet" und "unterdrückt" vor, im Sinne dass ich um des lieben Friedens willen, meine wirkliche Meinung lieber für mich behalte, bevor es wieder in sehr unangenehmen Auseinandersetzungen ausartet. Er sieht das Problem hauptsächlich in meiner Unfähigkeit mich zu ändern. Ich sehe ein grundsätzliches Kommunikationsproblem bzw. eine gemeinsame Mitschuld an der Situation, die es erstmal anzuerkennen gäbe. Ich habe das Gefühl er ist nicht kritikfähig, teilt aber viel und lautstark aus. Er hat das Gefühl, dass ich kein gutes Haar an ihm lasse und nicht kompromissbereit bin.
Ich hingegen, habe ein
großes Harmoniebedürfnis und als Lösungsstrategie meist nur Weglaufen oder
Ignorieren gelernt, statt mich dem Problem zu stellen und Schuld einzugestehen
(das fällt mir auch sehr schwer; ich bin ziemlich rechthaberisch). Er will jedes
Detail "bis aufs Blut" (also nicht wirklich, nur innerlich) ausdiskutieren, um
dann den goldenen Lösungsweg zu finden, an den ich mich dann halten soll. Sobald
wir wieder mal nicht einer Meinung sind, ist das der Beweis, dass ich nichts
dazu gelernt habe.
Soweit in aller Kürze. Das Problem besteht seit vielen Jahren und wir finden
keinen Ausweg. Eher haben wir beide den Eindruck, dass es mit zunehmendem Alter
schlimmer wird. Wir denken, dass wir grundsätzlich ganz gut zusammen passen und
würden uns auch wegen unserem Sohn nicht gerne trennen wollen. Allerdings ist
der Leidensdruck und Bitterkeit inzwischen so groß, dass wir inzwischen endlich
beide der Meinung sind, Hilfe von außen anzunehmen. Ich hoffe sehr, dass Sie uns
helfen können.
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