Loslassen
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
Telefon: 030 / 499 16 880
Funk: 0177.6587641
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Kontaktaufnahme per Mail wird empfohlen.
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 4. Oktober 2020 15:50
An: ...
Betreff: Suche Hilfe für einen Patienten
Sehr geehrer Herr Thiel,
mein Name ist ... und ich arbeite als Logopädin in ... Ich wende ich an Sie, da ich
einen Patienten und eine dazugehörige Mutter mit besonders großem Leidensdruck
behandle und das Gefühl habe, dass der Familie alleine mit logopädischer
Therapie nicht geholfen werden kann. Der Junge leidet an einer besonders
schweren Form von verbaler Entwicklungsdyspraxie, die es ihm auf motorischer
Ebene nahezu unmöglich macht, Worte zu bilden. Sein aktiver Wortschatz ist mit
mittlerweile 4 Jahren noch weit unterhalb der 50 Wortgrenze und die wenigen
Worte, die er spricht, können fast ausschließlich von engen Angehörigen
verstanden werden. Sein Sprachverständnis hingegen ist altersgerecht entwickelt
und sein Störungsbewusstsein stark ausgebildet. Zu der ohnehin schon sehr
schwierigen und langwierigen logopädischen Behandlung der verbalen
Entwicklungsdyspraxie kommt erschwerend hinzu, dass der Patient sich während der
Behandlung immer wieder Phasenweise vollständig verweigert, vor allem, wenn
seine Artikulationsversuche nicht beim ersten oder zweien Versuch gelingen oder
er den Therapieablauf oder die Therapieinhalte nicht selbst bestimmen darf. Er
zeigt eine starke Bindung an seine Mutter und der Ablöseprozess von Ihr gelingt
sowohl in der Therapie als auch im Kindergarten nur mit Mühe. Seit dem Corona
Lock Down ist die Bindung an die Mutter wieder deutlich stärker geworden und der
Ablöseprozess schwerer als zuvor. Auch im privaten Umfeld lasse er sich nur
unter großem Protest und Wutanfällen an seinen Vater oder seine Großeltern
abgeben. Eine Behandlung im Beisein der Mutter ist jedoch mit noch stärkerem
Verweigerungs- oder Ablenkungsverhalten verbunden, weswegen seine Mutter und ich
zusammen vor ca. einem halben Jahr beschlossen haben, sie nicht mehr oder nur
Teilweise in ihrer Anwesenheit durchzuführen.
Im Dezember soll eine dreiwöchige Sprachheilkur stattfinden, von der die Mutter sich sehr viel verspricht, da die Behandlungsfrequenz dort natürlich viel höher ist, als die aktuell 2x wöchentlich stattfindende Therapie. Ich habe jedoch aufgrund der Schwere seiner Störung große Zweifel, dass die Kur den deutlichen Erfolg bringen wird, den die Mutter sich erhofft. Von Beginn der Behandlung an erschienen ihr die Fortschritte ihres Sohnes zu langsam, was ich aus persönlicher Sicht nachvollziehen kann. Therapeutisch sehe ich jeden seiner kleinen Fortschritte als großen Erfolg und erläutere ihr diese Fortschritte auch detailliert, aber da sich diese einzelnen Fortschritte nicht unmittelbar in der Spontansprache ihres Sohnes zeigen, kann ich die Frustration der Mutter nachempfinden. Ich selbst habe in meiner bisherigen 15 jährigen Berufserfahrung erst einen Patienten behandelt, der eine ähnlich ausgeprägte VED aufweist und auch dieser litt und leidet psychisch extrem unter seiner Störung, verweigert jedoch eine psychotherapeutische Behandlung, da er von den wenigsten Menschen sprachlich verstanden wird und ihm dies überdeutlich bewusst ist. In der letzten Therapiesitzung sprach die Mutter den langsamen Therapiefortschritt und ihre diesbezügliche Unzufriedenheit erneut aus, wobei sie dies nie als einen Zweifel an meinen therapeutischen Fähigkeiten äußerte.
Sie sagte sie wisse einfach nicht, wie Sie ihrem Sohn noch helfen könne und fragte mich, ob ich noch eine Idee hätte, wie man ihm helfen könne, nicht mehr so häufig in eine vollständige Verweigerung zu verfallen, womit er den Therapiefortschritt verlangsame. Auch im häuslichen Umfeld zeige er Wutausbrüche und stundenlanges Weinen und Schreien, wenn er seinen Willen nicht bekomme. Ich selber erlebe ihn als sehr dominant gegenüber seiner Mutter. Sie darf z.B. während der logopäsichen Behandlung nicht das Wartezimmer verlassen, weil er sich sonst der Therapie vollständig verweigert, und die Mutter gibt seiner Forderung aus Sorge, den Therapieerfolg zu gefährden, nach. An manchen Tagen lässt er es nur zu, dass sie den Therapieraum verlässt, wenn sie ihm seinen Autoschlüssel aushändigt, damit er sich sicher sein kann, dass sie nicht während der Behandlung mit dem Auto wegfährt.
Da eine meiner Dozentinnen in der Ausbildung zusätzlich systemische
Familientherapeutin war, kam mir die Idee, nach einer systemischen
Familientherapie im Umfeld zu suchen und zu fragen, ob dies evtl. eine sinnvolle
Ergänzung für die logopädische Behandlung darstellen könne oder ob Sie mir
andernfalls eine andere mögliche Therapie empfehlen könnten.
Ich bedanke mich für das Lesen meiner sehr ausführlichen ersten Falldarstellung
und würde mich sehr über eine Rückmeldung Ihrerseits freuen,
...
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Montag, 2. September 2019 09:17
An: ...
Betreff: Termin Beratung
Sehr geehrter Herr Thiel,
ich möchte gerne um einen Termin zur Beratung bei Ihnen bitten. Ich bin seit
einem halben Jahr getrennt und möchte die Beratung gerne nutzen um besser
Loslassen zu können, mich selbst neu zu orientieren um den Blick besser wieder
nach vorne richten zu können. Es soll nicht um Umgangsfragen gehen. Ich bin
selbst in der Trennungs- und Scheidungsberatung tätig und weiß um die Dynamiken.
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb sehe ich derzeit oft den Wald vor lauter
Bäumen nicht und möchte daher gerne Ihr Angebot in Anspruch nehmen.
Ich kann mir in ... einen Termin einrichten, entweder
vor der Arbeit oder danach. In ungeraden Wochen habe ich nachmittags die Kinder,
da wäre es eher ungünstig. Bitte schicken Sie mir doch einfach ein paar
Terminvorschläge zu oder rufen mich an unter ...
Freundliche Grüße
...
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 8. Mai 2018 22:34
An: ...
Betreff: Hilferuf
Sehr geehrter Herr Thiel,
Nach langjähriger Beziehung bin ich mit der Trennung selbiger nun konfrontiert.
Aufgrund meiner starken Gefühle kann und will ich nicht loslassen.
Ich habe die letzten Wochen versucht die Dinge selbst zu verarbeiten aber mir fehlt Halt, Struktur und Zukunft.
Ich hoffe sie können mir hierbei eine Hilfestellung
geben.
Mit freundlichem Gruß!
...
Sehr geehrter Herr ...,
Danke für Ihre Anfrage.
Das was Sie als starke Gefühle bezeichnen, sind neuronale Verbindungen im
Gehirn. Das macht die Sache sicher nicht einfacher, aber verständlicher.
Es ist völlig o.k. wenn Sie nicht loslassen wollen, auch dies basiert auf
neuronalen Verbindungen.
Solche neuronalen Verbindungen lösen sich nicht so schnell auf, mitunter dauert
es Monate, bis die entsprechenden neuronalen Verbindungen schwächer werden und
andere, meist neue neuronale Verbindung, stärker.
...
Mit freundlichen Grüßen
Peter Thiel
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Donnerstag, 30. November 2017 12:04
An: ...
Betreff: Kontakt
Lieber Peter Thiel,
diese vertrauliche Anrede habe ich gewählt, weil ich zufällig am gestrigen Abend
auf der Seite ... gelandet bin und mich viele Ausführungen dort sehr berührt
haben.
Heute Morgen hat mich mein aktueller Beziehungsstress dazu geführt, nach einer
Möglichkeit der Paartherapie in ... zu suchen, was mich auf die Seite ...
. Und da lese ich wieder Ihren Namen.
Das bringt mich jetzt in die Zwickmühle. Eigentlich
war ich auf der Suche nach einem Platz für eine Paartherapie, aber eine
persönliche Beratung von Ihnen kann ich mir ebenfalls als sehr hilfreich
vorstellen, zumal ich vor einiger Zeit nach einem Therapieplatz gesucht habe,
aber scheinbar muss man mit Selbstmord o.ä. drohen um dort ernst genommen zu
werden (grins), jedenfalls waren alle hoffnungslos überfüllt (zugegeben,
Bezahlangebote habe ich bisher wegen knapper Kasse und großer Familie nicht in
Erwägung gezogen, aber 60,-€/h erscheinen fair).
Meine (Haupt-)Krise:
Meine Frau arbeitet (seit eineinhalb Jahren intensiv) den körperlichen Missbrauch Ihres Vaters auf (er ist vor längerer Zeit gestorben). Dadurch ist Körperlichkeit (die vorher ein zentraler Bestandteil unserer Partnerschaft war) quasi nicht mehr vorhanden und wir reiben uns daran auf, uns gegenseitig unsere Bedürfnisse mitzuteilen (inbesondere Körperlichkeit / keine Körperlichkeit). Da mich gerade ihre Offenheit für Körperlichkeit in die Beziehung geführt hat, fällt es mir sehr schwer, "meine Finger bei mir zu lassen" und nach spätestens 3-4 Tage gehe ich wieder auf sie zu (und laufe in aller Regel gegen die Wand in Form von ignoriert werden). Auf die Dauer zehrt das sehr an meiner Persönlichkeit, die sehr beziehungsorientiert ist.
Meine Frau ist seit ca. 2 Jahren in einer Psychotherapie (ursprünglich insbesondere wegen ...) und möchte, dass ich mich (meinen Beziehungsstil) ändere.
Aber wer bin ich dann noch, wenn ich einen großen Teil dessen, was mich ausmacht ändere (falls das überhaupt geht)?
Letztlich läuft es aufs Loslassen hinaus (natürlich nur in diesem einen Bereich...). Aber ich frage mich, was mich noch hält, wenn ich einen großen Teil dessen, was mich bindet, loslasse.
Natürlich ist Körperlichkeit nicht alles, aber ohne Körperlichkeit scheint alles nichts zu sein.
Können Sie mich in meiner Situation unterstützen, was
denken Sie?
Noch einige Eckdaten:
...
Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung.
Beste Grüße
...
Sehr geehrter Herr ...,
Danke für Ihre Anfrage.
In der Tat scheint mir Loslassen, der richtige Weg.
Sobald Sie loslassen, was wohl eine der schwersten Übungen ist, öffnen sich neue
Wege.
In einem Vortrag von Paul Watzlawick finden wir eine interessante Deutung des bekannten Satzes "Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!"
aus "Die Göttliche Komödie, Inferno III, 9 (Das
Höllentor)" von Dante Alighieri.
(Original ital.: "Lasciate ogni speranza, voi ch'entrate!")
https://de.wikiquote.org/wiki/Dante_Alighieri
Watzlawick sagt:
"Lasst alle Hoffnung fahren, die ihr eintretet, stehe auf
dem Tor zur Hölle.
... Das ist nicht der Fall. Dieser Satz steht auf dem Eingang zum Paradies:
Lasst alle Hoffnung fahren und dann tretet ein."
Watzlawick: Vom Sinn des Unsinns. Part 9. 2.38 min
In diesem Sinne könnte es in der Tat darum gehen, nicht
vordergründig Beziehungskosmetik und Anpassung um der Anpassung Willen zu
betreiben, sondern um eine Reorganisation des eigenen Lebens. Was dabei
herauskommt, steht in den Sternen, Sicherheiten gibt es keine. Wer sich an
Sicherheiten klammert, hat schon verloren.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Thiel