Keine Energie
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 13. Februar 2024 10:25
An: ...
Betreff: Terminanfrage
Sehr geehrter Herr Thiel,
ich bin Ende 2022 aus verschiedenen Gründen aus dem ... leider nach .... zu
meinem Lebenspartner gezogen und das war definitiv die falsche Entscheidung...
Ich finde hier weder Anschluss, weil ich schon x Mal umgezogen bin und ein neues
Leben angefangen habe, noch einen Job, weil es für meinen Beruf keinerlei
Stellen gibt; zudem bin ich schwerbehindert und kann das Pendeln nach ... oder
... nicht bewältigen. Alles wirkt sich auf das Leben mit meinem Partner aus
(ebenfalls schwerbehindert). Die seit 1 Jahr stattfindenden Termine bei der
örtlichen Caritas sind gut für mich, aber bieten doch nicht das, was ich
brauche. Ich brauche konkret Systemische Ansätze und Beratung/Therapie mit
Paar-Bezug. An einer normalen Psychotherapie habe ich kein Interesse (genug
Erfahrung vorhanden).
Mein Partner hat überhaupt keine Ambitionen für Gespräche bzgl. unserer
Beziehung, weder mit mir noch mit jemand Anderem. Ich persönlich benötige aber
Unterstützung. Da mein Arbeitsvertrag in meinem derzeitigen sch**ß Job in ... im
September endet und ich bis dahin sicher nichts Anderes finde, sollte bis dahin
klar sein, ob ich allein umziehen muss. Mein Partner zieht nicht weg, die
Trennung wäre dann sicher. Wir haben kein Geld, keine Energie, keine Ambitionen,
um zu pendeln und um uns gegenseitig am Wochenende zu besuchen. Das haben wir
schon 1 Jahr vor dem Zusammenziehen gemacht und es hat keinen Zweck...
Typische Probleme derzeit:
- Agressionen im Alltag. Ich bin seit 2020 bei jeder Gelegenheit zu jeder Person
ätzend, herablassend, beleidigend, respektlos und genervt. Es gibt keine
Perspektive für mich (in ... aber auch anderswo) und ich kann/will mich hierauf
nicht einlassen. Die Corona-Maßnahmen haben mein Leben zerstört, Freundschaften
beendet und auch dafür gesorgt, dass ich meinen sehr gut bezahlten Job im ...
aufgeben musste. Himmel und Hölle setze ich seit 1,5 Jahren in Bewegung, um hier
in der Nähe eine Stelle zu finden: sinnlos!
- Unsere Paarzeit besteht nur aus Problemen und wir streiten uns andauernd: beide sind wir schwerbehindert und haben kaum gemeinsame beschwerdefreie Zeiten. Seine Erkrankung geht mit einer Menge Symptome einher, die sich komplett auf den (gemeinsamen) Alltag auswirken und diesen auch für mich ständig einschränken. Mein Partner ist verschuldet und kümmert sich weder um seine Probleme noch um sonst irgendetwas. Das Lebensglück meines Partners besteht aus Arbeit und Couch/Fernsehen. Ich persönlich "verhungere" hier in ... mangels echter Infrastruktur. Ich hasse es hier wie die Pest.
- Unsere Kommunikation ist komplett gestört. Er redet nur mit mir über Probleme, wenn er getrunken hat. Das häuft sich in letzter Zeit ziemlich.
- Unser Kinderwunsch bleibt unerfüllt: Februar 2023 hatte ich eine Fehlgeburt
und im Oktober einen frühen Abgang. Ich bin deprimiert, weil ich 36 bin und weil
das Thema absolut niemanden tangiert... Echte Hilfe (Gruppen, Kliniken usw.) ist
viel zu weit weg!
Ich würde mich sehr freuen, wenn ein Termin möglich wäre!
Ich danke Ihnen für eine kurze Rückmeldung. Telefonisch bin ich meist nicht so
gut zu erreichen, ich rufe dann zurück.
Freundliche Grüße
...
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Samstag, 22. Oktober 2022 14:39
An: ...
Betreff: Beratung Schulabschluss/Depression
Liebes Familienberatungsteam,
mein Sohn ist gerade 18 Jahre alt geworden und ist in der 13. Klasse.
Es ist schon länger so, dass er sich sehr schwer zu Dingen motivieren kann, aber jetzt steht er morgens nicht mehr auf und geht nicht mehr in die Schule.
Er hat sich auch schon selbst verletzt, kann keine Energie aufbringen für seine Zukunftspläne einzustehen und sagt von sich selbst, dass er unglücklich ist.
Ich habe Ihr Angebot kurz überflogen und bin mir nicht sicher, ob Beratung in
solchen Fällen dazu gehört?
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.
Mit freundlichem Gruß
...
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Samstag, 22. Oktober 2022 21:14
An: ...
Betreff: AW: Beratung Schulabschluss/Depression
Sehr geehrte Frau ...,
Danke für Ihre Anfrage.
Welche Bemühungen unternimmt der Vater, dass der Sohn auf eine gute Spur kommt?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Thiel
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 23. Oktober 2022 08:08
An: ...
Betreff: Re: Beratung Schulabschluss/Depression
Guten Morgen Herr Thiel,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort!
Sein Vater und ich haben uns schon sehr früh getrennt (weil wir sehr früh Eltern
geworden sind und es nicht gepasst hat). Er war immer Teil seines Lebens und hat
sich immer gekümmert.
Er ist vor ein paar Jahren mit seiner Frau nach ...
gezogen und seitdem wird der Kontakt immer weniger. Allerdings von Seiten
unseres Sohnes. Sein Vater schreibt ihm immer wieder und fragt ob sie sich mal
wieder sehen wollen, aber mein Sohn hat kein Interesse. Erst recht nicht mehr,
seitdem sein Vater mit seiner Frau ein Baby bekommen hat.
Zwingen kann er ihn natürlich nicht und wir sind ratlos wie wir es schaffen
können, dass Max - Name geändert (Sohn) in wieder „rein lässt“.
Mit freundlichem Gruß
...
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 23. Oktober 2022 17:38
An: '...
Betreff: AW: Beratung Schulabschluss/Depression
Sehr geehrte Frau ...,
Danke für die Erläuterung.
Ich empfehle Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt und Unterbringung des Sohnes im
betreuten Wohnen.
Grundlage dafür ist § 41 SGB 8
Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel
1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163)
§ 41 Hilfe für junge Volljährige
(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem
Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine
selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht
gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21.
Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten
Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt
die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und
2 nicht aus.
(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28
bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle
des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge
Volljährige tritt.
(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet
werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem
hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des
jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in
Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/__41.html
In einem solchen Kontext wird er unterstützt, sich eine eigene Lebensperspektive
aufzubauen, nicht aber wie aktuell in eine chronifizierte Depression
abzugleiten.
Keinesfalls sollten Sie nach meiner Meinung "Hotel Mama" anbieten, das endet
meines Erachtens nur in einer Katastrophe.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Thiel