Hochkonflikthafte Elternbeziehung
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Freitag, 13. Januar 2023 11:33
An: ..
Betreff: Anfrage Familienhilfe
Hallo Herr Thiel,
aufgrund einer hochkonflikthaften Elternbeziehung mit dem Vater unserer zwei
Kinder (Matthias, 3 und Julia, 6 - Namen geändert)
wende ich mich an Sie.
Der Vater ist Engländer und spricht nur Englisch und Spanisch.
Wir sind seit August getrennt.
Die Sorge liegt nach einem Sorgerechtsverfahren nur
bei mir, der Vater hat alle zwei Wochen von Freitag nach der Kita bis Dienstag
zur Kita Umgang mit den Kindern. Aktuell und seit ich mich getrennt habe,
spricht der Vater nicht mit mir und schreibt mich mit "Ms Müller
- Name geändert" an.
Probleme entstehen, wenn der Vater die Kinder (im Moment aufgrund des Alters vor
allem Julia) zu Aktivitäten bringen muss, das ist mittlerweile gerichtlich
festgelegt, dass er dazu verpflichtet ist, weil er sie in seiner Umgangszeit
kategorisch weder zu Kindergeburtstagen noch zum Schwimmkurs gebracht hat.
Die Problematik ergibt sich daraus, dass Julia relativ ängstlich ist.
Deswegen ist er der Meinung, er möchte sie vor
Aktivitäten schützen und beispielsweise vom Turnen in der Kita befreien, da sei
eine (von mir verursachte) Angststörung habe. Bei Gericht und im Gespräch mit
dem Jugendamt äußert er immer wieder den Vorwurf ich würde die Kinder
missbrauchen. Der Missbrauch bestehe darin, dass ich sie zu Aktivitäten zwinge.
Mit Bestärkung und Ermutigung schafft Julia aber einiges: sie hat vor
Weihnachten einen Kletterschein gemacht.
Da war sie anfangs auch sehr schüchtern und hat in der Kennenlernrunde vor Angst sogar geweint. Wir sind dann aus der Runde raus, sie hat sich beruhigt. Und nachdem der Trainer und ich ihr aber den Druck genommen und gesagt haben, dass es auch voll ok ist, einfach zuzuschauen und sie gar nichts machen braucht was sie nicht möchte, alles was sie hier macht soll Spaß machen, ist sie am Ende die Wand bis ganz nach oben geklettert und einen Kopf größer aus dem Kurs gegangen.
Sie wartet jetzt vorfreudig auf einen Platz im
Kinderkletterclub.
Mit dem Schwimmkurs war es ähnlich, da musste ich anfangs immer mit ins Becken
und sie hat sich vor Angst an mich geklammert. Nach ein paar Malen hat sie das
überwunden und hatte einen Riesenspaß. Mittlerweile hat sie ihr Seepferdchen
bestanden. Von einem Wochenende auf dem Ponyhof ...n hat sie das Credos
mitgenommen: "es ist OK Angst zu haben" und "Sich zu überwinden war die beste
Entscheidung".
Ich würde mir sehr wünschen, dass der Vater diesen
Umgang mit ihrem Wesen mitträgt.
Matthias zeigt in den Tagen nach dem Umgang zunächst in der Regel Ablehnung mir
gegenüber. Ich habe dann den Eindruck, dass er Daddy gegenüber ein schlechtes
Gewissen hat, wenn er mich lieb hat und eng mit mir ist. Das ist aber nur meine
Interpretation. Die Ablehnung legt sich dann nach und nach und dann sind wir
kuschelig und reden viel und blödeln rum und so weiter.
Für die Kinder wäre es generell sehr wünschenswert, wenn das Verhältnis zwischen
dem Vater im mir sich verbessern könnte und sie das Gefühl haben dürften dass es
absolut in Ordnung ist beide Eltern zu lieben. So wie die Situation jetzt ist,
stellt sie ein Entwicklungsrisiko für die Kinder dar.
Eine Mediation bei ... hat der Vater leider nach
einer Sitzung im Juni 2022 abgebrochen. Deswegen ist dieser Weg eine neue
Annäherung, denn ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben.
Ich würde mich freuen, wenn wir kurz telefonieren könnten, um die Möglichkeiten
auszuloten.
Danke und viele Grüße
...