Fixierung
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Freitag, 11. Januar 2019 16:55
An: ...
Betreff: Terminanfrage
Sehr geehrter Herr Thiel,
aufgrund wiederkehrnder Probleme in meiner Beziehung, die zugegeben meist nur
von mir als solche empfunden werden, würde ich gerne um einen Termin bitten.
Ob ich allein komme oder zusammen mit meinem Partner weiß ich noch nicht.
Prinzipiell ist er nicht erpicht darauf, ein "Ehegespräch" zu führen.
Wenn nicht, komme ich auf alle Fälle alleine, wenn das möglich ist.
Mein Partner und ich haben eine 3-jährige Tochter. Ein zweites Kind ist
unterwegs :-))
Wir leben in ... .
Mein Partner gibt an, glücklich zu sein. Keine Probleme zu haben.
Äusserlich stimmt das auch. Wir sind gesund, leben an einem wunderbaren
Ort, mit Tieren und viel frischer Luft.
Ich allerdings sehe mich so oft "überrollt" -- meine Eindrücke von ihm
als "Einbildung" wahrgenommen und meine Anliegen als "nicht wirklich
wichtig" erachtet.
Ich merke, wie meine Energie in steigendem Maß verloren geht. Ich kenne das von früher. Kein gutes Zeichen. Ich denke an Trennung, weiß nur noch nicht, wie, bzw fehlen noch die letzten 20 Prozent.
Man trennt sich nicht mehr einfach so, wenn ein kleines Kind da ist.
Mein Partner weiß nichts von meinen Trennungsgedanken. Ich kann solche Gedanken auch nicht mit ihm kommunizieren. Bzw. bin ich mit Kommunikationsversuchen bisher grandios an die Wand gefahren. Er sagt, er liebt mich und das ist doch genug!! Ich fühle mich dagegen nicht respektiert und so alleine gelassen - obwohl er sagt, er lebt nur für mich.
Ich bin so weit, dass ich meinen eigenen Wahrnehmungen nicht mehr traue.
Daher meine Bitte um Hilfe.
...
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 13. Januar 2019 20:32
An: ...
Betreff: AW: Terminanfrage
Sehr geehrte Frau ...,
Danke für Ihre Anfrage.
Seinen eigenen Wahrnehmungen kann man immer vertrauen, nur haben andere
Menschen, hier Ihr Partner gleichfalls eine eigene Wahrnehmung, die verschieden
von der eigenen sein kann und so kommt es oft zu Problemen im
zwischenmenschlichen Umgang.
Der Kommunikationsforscher Paul Watzlawick erzählt hierzu die folgende
Geschichte:
"In einem Reitklub von São Paulo passiert es, dass von einer dort befindlichen
Terrasse, die nur über ein niedriges Geländer verfügt, immer wieder Personen
hinunterfallen und sich dabei schwer verletzen. Ein Anthropologe soll der Sache
nachgegangen sein und kam zu einem Resultat, dass es in verschiedenen Kulturen
verschiedene Regeln gibt, wie der Abstand zu sein hätte, wenn zwei Menschen
miteinander ins Gespräch kommen.
Der "richtige" Abstand bei einem Gespräch in Nordamerika ist die Armlänge. In
Südamerika (und Mitteleuropa) ist der "richtige" Abstand geringer als eine
Armlänge. Ein Nordamerikaner und ein Brasilianer kommen auf der Terrasse ins
Gespräch. Der Nordamerikaner stellt den "richtigen" Abstand her, eine Armlänge,
der Südamerikaner stellt darauf hin den "richtigen" Abstand her, er rückt auf.
Der Nordamerikaner rückt zurück und stellt damit wieder den "richtigen" Abstand
her, der Südamerikaner rückt auf und stellt damit wieder den "richtigen" Abstand
her. Der Nordamerikaner rückt zurück und stellt damit wieder den "richtigen"
Abstand her, der Südamerikaner rückt auf und stellt damit wieder den "richtigen"
Abstand her. ... , der Nordamerikaner rückt zurück, um den "richtigen" Abstand
herzustellen und fällt schließlich rücklings über das zu niedrige Geländer.
Tiefenpsychologisch betrachtet würde die Diagnose gestellt, der Nordamerikaner
folge seinem Todestrieb. Wir sehen jedoch, dass es das Beharren und Insistieren
auf den "richtigen" Abstand in der Interaktion der beiden Gesprächspartner ist,
dass schließlich dazu führt, dass der Nordamerikaner die Terrasse herunter
fällt."
wiedergegeben nach Paul Watzlawick: "Vom vermeintlichen Sinn des Unsinns",
Baseler Psychotherapietage 1998, Video http://auditorium-netzwerk.de/
So kommt es also darauf an, sich über die verschiedene Wahrnehmungen
auszutauschen und in geeigneter Weise Veränderungen vorzunehmen, die geeignet
sind, das Problem zu lösen. Sollte dies nicht gelingen, kann man sich immer noch
mit der Situation arrangieren oder - wie von Ihnen angedacht - trennen. Mitunter
reicht es schon aus, sich zwei getrennte Wohnungen zu nehmen, aber als Paar
zusammenzubleiben.
Es gibt viele Wege nach Rom, wie man so schön sagt.
Wenn Ihr Partner meint, er lebe nur für Sie, dann würde
das bedeuten, er hat keinen anderen Lebensinn als Sie. Dies schiene mir recht
eingeschränkt, scheint aber ein nicht seltenes Phänomen für Männer zu sein, die
so auf ihre Partnerin fixiert sind, dass sie bei einer ungewewollten Trennung
förmlich implodieren (Depression). Manche,Männer die die bei einer Trennung
entstehende Aggression nach außen tragen, explodieren dagegen und werden
gewalttätig gegen sich und andere (Alkoholkonsum, Suizid, Tötungsdelikte). Der
CDU/CSU/SPD-Bundesregierung die sich wie Mehltau über das Land legt, ist das
egal, sonst hätten wir schon längst nicht nur ein Bundesfrauenministerium
sondern auch ein Bundesmännerministerium.
...
Mit freundlichen Grüßen
Peter Thiel