Dringend Hilfe gesucht
Peter Thiel
Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)
E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de
Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Donnerstag, 15. Juni 2023 22:25
An: ...
Betreff: Dringend Hilfe gesucht!
Sehr geehrter Herr Thiel
Mein Name ist Marion Fischer - Name geändert,
ich bin 40 Jahre alt, Mutter eines 10-jährigen Jungen, und ich, bzw. WIR sind in
Sachen Erziehung am Ende unseres Lateins angelangt, und suchen nun kompetente
Hilfe.
Kurz erklärt; Unser Sohn Julian - Name geändert
ist mit einer genetischen „Laune“ geboren, wobei lange davon ausgegangen worden
war, er handle sich dabei lediglich um eine Entwicklungsverzögerung. Die genaue
Diagnose (Marker-Chromosom 19/4) kam erst Ende letzten Jahres, wobei Dies die
Lage in keinster Weise geändert hat.
Schon seit Kindergartentagen gilt er als besonders Selbstbestimmt, zielstrebig
im Beschaffen von Dingen die ihm selbst Vorteile verschaffen (bei allem Anderen
zeigt er nur mäßig Interesse), egoistisch, furchtbar uneinsichtig und stur.
Nach Krankengymnastik und Frühförderung im Baby- und Kleinkindalter, besuchte er
ein Jahr den Förderkindergarten in ..., wo er mit 4 Jahren endlich aufrecht
laufen lernte, wechselte dann aber für 3 Jahre nach ..., da in ... der Platz
knapp war.
Gleiches blüht ihm jetzt nach 3 Jahren
Fördergrundschule in ... . Auch jetzt wieder platzen die Klassen dort aus allen
Nähten, weshalb er ab September in ... zur Schule gehen wird.
Generell ist er ein sehr offenes, warmherziges Bürschchen, weshalb er es immer
wieder geschafft hat, gerade seine Erzieherinnen und Lehrerinnen um den Finger
zu wickeln. Die anfängliche
Euphorie schlug aber mit der Zeit in blankes Entsetzen um, denn aus dem lieben
Julian wurde nach und nach ein kleiner Lausejunge, der auf einmal nicht mehr
hören wollte und nur noch DAS tat was ihm selbst in den Kram passte… und genau
HIER setzen unsere aktuellen Probleme an.
Recht früh schon wurde uns nahegelegt, bei seiner Erziehung und den ganzen
Tagesabläufen auf Kontinuität zu achten, da er für die Automatisierung seiner
Handlungen deutlich mehr Zeit benötigt.
Gesagt, getan, und doch geht jetzt alles den Bach runter!
Ein Beispiel; Julian kommt von der Schule nach Hause.
1. Die Begrüßung
2. Schuhe / Jacke ausziehen und an ihren Platz stellen / hängen.
3. Toilette, eventuell Windel wechseln (auch DIE bekommen wir ihm nicht
abtrainiert), Hände waschen.
4. Schulranzen ausräumen (Tupperdosen vom Frühstück) und an seinen Platz
stellen.
5. Kleine Stärkung und dann, wenn das Wetter passt, ab in den Garten.
Eine ganze Weile hat das mal besser mal schlechter funktioniert, mittlerweile
geschieht es aber nur noch unter Protest, gegrüßt wird, wenn überhaupt, nur nach
Aufforderung, und anstatt in den Garten will er nur noch vor den Fernseher.
Wo er bis vor einem halben Jahr in der Schule noch einigermaßen mitgearbeitet hat, spinnt er inzwischen nur noch herum, stört den, eh schon mühseligen Unterricht noch zusätzlich, und neuerdings setzt er seinen Willen gegenüber seinen Mitschülern auch mit Gewalt durch, oder versucht es zu mindest.
Sein Betragen führt immer häufiger dazu, dass er von schulischen Aktivitäten ausgeschlossen wird, so auch bei einem anstehenden Schulausflug in den Tierpark.
Auch zu Hause findet sich mittlerweile kaum noch ein anderer Weg, als sein Verhalten mit Ablehnung und Ignoranz abzustrafen, was er aber ganz offensichtlich nicht zu verstehen scheint.
Selbst wenn man ihm sagt, dass man böse, sauer, oder
enttäuscht von ihm ist, schmollt er nur ein paar Augenblicke, und tut ihm
nächsten Moment so als ob nichts gewesen wäre. Auch weitreichender haben
Konsequenzen keinerlei Bedeutung für ihn, selbst wenn man ihm auf das zuvor
Geschehene hinweist.
Dies sind nur einige wenige Dinge mit denen wir uns seit einiger Zeit
herummühen, und wir sind inzwischen mit unseren Kräften am Limit angelangt, auch
wenn wir uns das selbst lange nicht eingestehen wollten!
Wir wurden schon vor ein paar Jahren darauf
vorbereitet, dass sich Julians Verhalten mit einsetzen der Pubertät noch
verschärfen würde, aber wenn DAS JETZT lediglich die vorpubertären Flegeljahre
sind, dann sind wir vermutlich in ein paar Jahren psychische Pflegefälle!
Bitte um Hilfe, denn anders als einst gedacht schaffen wir das nicht ohne!
Mit freundlichen Grüßen
Marion und Jörg Fischer - Name geändert