Beziehungschaos

 

 

 

 

 

Peter Thiel 

Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)

E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

 

Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.

 

 

 




-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Samstag, 21. Juli 2018 11:45
An: ...
Betreff: Hilferuf

Guten Tag,

mein Name ist ..., bin 49 Jahre alt. Seit 1999 verheiratet und habe mit meinem Mann (55 Jahre alt) 2 Kinder. Eine Tochter, ..., 21 Jahre alt und einen Sohn, ..., 13 Jahre alt.

Wir haben uns vor 16 Jahren ein Haus gebaut und wohnen seitdem in ... .

Ich bin seit 2015 raus aus unserem gemeinsamen Haus.

Im Jahre 2013 fing alles an. Ich habe durch eine Zeitungsanzeige eine Frau, auch mit Kind und Ehemann kennengelernt.

Diese Frau suchte, genau wie, ich eine Freundin für gemeinsame Unternehmungen und Gedankenaustausch. Wir haben uns getroffen, sind zusammen essen gegangen, auch ins Theater und andere Unternehmungen. Bis Sie eines Tages meinte, wir könnten uns gegenseitig unsere Familie vorstellen und gemeinsam etwas mit unseren Männern und Kindern unternehmen. Meinem Mann und meiner Tochter missfiel dies sehr, aber ich setzte mich durch und wir trafen uns regelmäßig. Wir machten Ausflüge, trafen uns zum Grillen entweder in deren Haus oder bei uns, gingen zusammen auf Weihnachtsmärkte und fuhren sogar zusammen in Urlaub.

Eines Tages hörte ich, wie mein Mann mit dem Ehemann meiner Freundin in der Garage über mich redeten. Mein Mann schien vertrauen in diese „neuen angeblichen Freund“ gefunden zu haben und redete sich die Seele frei. Es ging um seine Unzufriedenheit, um unser Sexleben und ging ins Detail wie es bei uns im Bett zu geht. Na ja, ich habe leider meinen Mann nicht zur Rede gestellt. Währenddessen schnappte mich dieser „Ehemann“ meiner Freundin. Seine Ehe sei auch nicht mehr das was es mal war usw. Schnell fand auch ich sein Vertrauen und wir beiden verbrachten mehr Zeit alleine miteinander als zu viert. Alles was er sagte, schien für mich richtig und ich blühte neben Ihm auf. Wir verliebten uns ineinander und trafen uns heimlich. Für meine Freundin, vor allem meine Familie hatte ich nun keine Zeit mehr. Alles drehte sich nur noch um diesen Mann.

Natürlich wollte ich diese Heimlichkeiten nicht mehr und nachdem wir aufgefallen waren, hoffte ich, dass er zu mir steht. Aber dem war nicht so. Er ist wieder zu seiner Familie zurück und ich bin wieder in meine Familie. Wo sollte ich auch hin? Nach vielen Jahren der Versuche es wieder zu schaffen, der Kinder wegen, des Hauses, für das, was wir uns aufgebaut haben, ist dies dann letztendlich durch meine Untreue gescheitert.

Ich surfte im Netz auf security Seiten, traf mich mit fremden Männern, und zu Letzt habe ich eine Frau kennengelernt. Diese Frau kenne ich nun seit dem .... Durch meine sexuelle Neugier habe ich mich auf Sie eingelassen. Sie hat sich unsterblich in mich verliebt und ist von ... für mich nach ... gekommen. Da ich durch meine finanzielle Lage, immer nur Halbtagskraft, Hausfrau und Mutter keine Wohnung gefunden habe, schien es für mich ein passender Zufall, dass Sie in mein Leben trat. Die erste Wohnung, die wir beiden besichtigten wurde ein Treffer. Sie ist ... bei einer großen Firma und somit war es dann auch kein Problem mehr eine Wohnung zu finden.

In den zwei Jahren unseres neuen Lebens scheitere ich immer wieder. Eigentlich kommen alle gut klar mit der neuen Wahl meiner Partnerin, aber meine Tochter nicht. Mein Sohn stellt auch immer die Frage, ob das jetzt unser neues Leben sein soll. Auch mein Mann stellte mir die Frage, ob ich für eine Frau die Familie aufgeben will. Ich habe mehrmals versucht zurück zur Familie zu gehen. Habe meine Freundin verlassen und bin wieder zur Familie. Zuhause habe ich mich dann auch wohl gefühlt, aber meine Freundin weint, hat Selbstmordgedanken und es tut mir unendlich leid, weil Sie soviel für mich getan hat. Nachdem ich jetzt nach unendlich vielen Malen immer hin und her, jetzt wieder bei meiner Freundin bin, ist zwischen meiner Tochter und mir endgültig (und das verständlich) Funkstille...

Man muss sich vorstellen, meine Tochter war damals 15 Jahre alt. Sie hat unendlich geweint und mich immer nur für mein Verhalten angeschrien. Immer wenn ich (bis heute) versucht habe mit Ihr zu reden ging dies schief. Sie redet mit niemanden und vor allem nicht mit mir über dieses Thema.

Ihr geht es seit Jahren sehr schlecht. Meinem Sohn geht es seit Jahren sehr schlecht. Meinem Mann geht es seit Jahren sehr schlecht. Mir geht es seit Jahren schlecht.

Durch meine jahrelangen Angstzuständen, Panikattacken, Stürze und Krankenhausaufenthalte bin ich zum wiederholten Male in Therapie und habe nun auch endlich einen Reha-Antrag gestellt um endlich mal für ein paar Wochen weg zu kommen. Einfach nur raus um zu mir zu finden. Um vielleicht endlich herauszufinden wo ich hingehöre. Eigentlich weiß ich wo ich hingehöre – nach Hause zu meiner Familie – aber immer wieder scheitert es...


Wir können nicht miteinander reden. Wir müssten alle vier miteinander reden, aber wie???

Können Sie uns helfen?

In Erwartung Ihrer baldigen, schnellen Hilfe verbleibe ich inzwischen


mit freundlichen Grüßen

...

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Montag, 23. Juli 2018 22:33
An: ...
Betreff: AW: Hilferuf



Sehr geehrte Frau ...,

Danke für Ihre Anfrage.


In der Tat scheint es mir hier so, dass alle miteinander reden müssten. Natürlich in einem geeigneten Rahmen, damit die Gräben nicht noch tiefer werden.

Letztlich ist es doch so, dass in einem Beziehungssystem alle wichtigen Protagonisten einen guten Platz finden müssen. Denken wir nur an das Märchen von Dornröschen, die 13. Fee war nicht eingeladen, was sie so kränkte, dass sie alle im Schloss befindlichen Menschen in einen hundertjährigen Schlaf versetzte, den König, die Königin, den Koch, der Küchenjunge, die Magd und das Dornröschen, eine Hecke aus Rosen wuchs um das Schloss. Viele Prinzen, die die Dornenhecke um das Schloss überwinden wollten, mussten jämmerlich in den Dornen sterben, bis eines Tages ein Königssohn kam "und wie er zur Dornenhecke kam, waren es lauter Blumen, die taten sich voneinander, und er ging hindurch, und hinter ihm wurden es wieder Dornen."

Von daher scheint mir ein systemisches Herangehen, wie wir es praktizieren, sehr geeigenet zu sein, die aktuellen Verwerfungen und Dissonanzen in Ihrem Beziehungssystem aufzulösen und eine "gute Ordnung" zu er-finden (Paul Watzlawick).

...


Mit freundlichen Grüßen


Peter Thiel

 

 

 

 

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