Ablösung

 

 

 

 

 

Peter Thiel 

Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)

E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

 

Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.

 

 

 

 

 


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 19. November 2024 10:07
An: ...
Betreff: Beratung

Liebes Team,

wir sind Eltern von drei erwachsenen Kindern und wünschen uns Unterstützung bei der Wegfindung zum Umgang mit unserem jüngsten Sohn Michael - Name geändert - (21 Jahre alt).

Michael hat zwei Geschwister, Anna 24, Paul 27.

Wir sind Maria - Name geändert - , 57 und Johannes - Name geändert - 56.

Maria ist seit der Geburt des ersten Kindes nicht mehr extern berufstätig und kümmert sich um Familie, Haus und Hof. Johannes ist selbstständig als ... tätig.

Michael erlebte eine Kindheit ohne Disruption durch finanzielle Sorgen, Trennung oder Verletzungen in einer großen und stärkenden Familie mit viel Natur- und Tierkontakt.

Er ist bis zum Alter von 14 Jahren "normaler" Schüler auf dem örtlichen Gymnasium gewesen, sehr sportlich und im Lauf-Verein integriert.

Er hatte einige Freunde und wir würden ihn als eher introvertiert und wenig selbstsicher bezeichnen.

Er begann dann mit dem Zocken, welches er zunehmend exzessiv und "erfolgreich" machte. Gleichzeitig sanken die Schulleistungen, die Kontakte in den Verein, zu Freunden und der Sport brachen ab. Unsere Bemühungen, Regelungen zu etablieren und konsequent zu leben waren nicht erfolgreich.

Letztlich versuchten wir lediglich noch im Kontakt zu ihm und in Kommunikation mit ihm zu bleiben, welches mal besser, mal schlechter gelang. Er begann mit Alkohol, Rauchen und Drogenkonsum. Seine nachlassenden schulischen Bemühungen und dadurch auch Leistungen machten schließlich eine Wiederholung der elften Klasse incl. eines Wechsels zu der KGS in einem Nachbarort erforderlich, auch um ohne "verbrannte Erde" und seinen Ruf einen Neustart zu ermöglichen. Dieses gelang ihm nicht und er brach die Schule vor Ende des Schuljahres ab.

Wenige Kontakte zu Klassenkameraden des vorherigen Gymnasiums blieben teilweise erhalten. Zu (Seit?) dieser Zeit kokste er auch und finanzierte sich u.a durch Dealen.

Finanzielle Probleme und Betrügereien brachten ihn vor das Jugendgericht, wobei er eine Verurteilung gerade noch abwenden konnte.

Wir suchten zusammen nach Optionen (Praktika, Jobben, FSJ, etc.) deren Entscheidung er jedoch immer verzögerte, bis wir ihn nach Monaten konsequent zu einer Tätigkeit drängten (Rauswurf und Wohnen bei der Freundin für einige Wochen).

Dann begann er eine Hilfstätigkeit im ..., wo er erfolgreich jobbte. Da der Arbeitgeber jedoch unzuverlässig war, entschied er sich auf unser Drängen hin zu einer Ausbildung als ... im ..., die er nun seit gut 4 Monaten absolviert.

Wir versuchen ein wertschätzendes und zugewandtes Familienleben zu bieten. Die anderen Geschwister kommen gern und je nach Möglichkeit regelmäßig nach Hause und wir leben ein offenes Haus und einen guten Tisch für alle.

Wir mögen Familienurlaube und die anderen Geschwister nehmen je nach Möglichkeit mit jeweiligen Partnern/Partnerinnen gern daran teil. Bedingungslose Liebe zeigen wir unseren Kindern herzlich. Offener und ehrlicher Austausch ist für uns selbstverständlich und wir fördern nach Kräften persönliche Entwicklung.

Wir sind stets sparsam im Konsum und hoch spendabel in der Finanzierung von sinnvollen Ausbildungen und Qualifizierungen.

Die Geschwister sind in menschenorientierten Berufen/Ausbildungen/Studiengängen tätig. "Menschen stärken" ist Johannes Leitbild, Maria hat für sich "Menschen glücklich machen" herausgefunden.

Wir schätzen Michael als intelligent und sehr sensibel ein. Sein Selbstwert erscheint uns gering und labil.

Er ist ein "Katzen-Flüsterer" und hat eine besondere Gabe in Kontakt zu Tieren.

Seine Peer-Group besteht aus Freunden, die ebenso wie er nicht gut mit sich und im Leben klarkommen. Für seine Freunde steht er sehr ein und hilft ihnen unbedingt.

Er schädigt sich gesundheitlich durch sein Konsum- und Schlafverhalten und seine allgemeine Lebensweise.

Wir sind nun an einem Punkt angekommen, an dem wir sein Verhalten, das Haus nur noch als Wohnort ohne Beteiligung und mit möglichst wenig Kommunikation zu nutzen, nicht mehr aushalten möchten. WIr leiden unter seinem Verhalten und der fehlenden Wertschätzung.

Mit Sicherheit ist unser inkonsequentes Verhalten in der Vergangenheit, stets zu ihm zu stehen und ihn aufzufangen, ein großer Teil des Problems. Eine Möglichkeit kann auch sein, dass wir ihn dadurch "gefangen gehalten" haben und ihn nie in letzter Konsequenz das Resultat seines Verhaltens haben erspüren lassen.

Unser Wunsch ist es, dass wir mit Ihnen zusammen einen Weg finden, dass wir entweder eine nachhaltige und echte Veränderung in unserer Beziehung durch gegenseitiges Verständnis und entsprechendes Verhalten erreichen, oder einen Auszug herbeiführen, ohne dass es für ihn ein demütigender Rausschmiss wird.

Über eine Kontaktaufnahme ihrerseits freuen wir uns.

Liebe Grüße

...

 

 

 

 

 

 

 


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Samstag, 6. Juli 2024 10:08
An: ...
Betreff: Terminanfrage Erstgespräch

Sehr geehrter Herr Thiel,

nach einer länger andauernden konfliktbehafteten Zeit mit unserer 15jährigen Tochter suchen wir nach gemeinsamen Lösungswegen und möchten hierfür den Rahmen einer systemisch orientierten Familientherapie nutzen.

Wir erhoffen uns darüber besser ins Gespräch und wieder ins Miteinander zu finden, da wir als Eltern glauben, dass es uns ohne externe Begleitung nicht gelingen wird, die bisherige Spirale langfristig zu durchbrechen und stabile Lösungswege zu entwickeln, die für alle akzeptabel sind.

Wir bitten Sie daher um eine Terminvereinbarung.

Vielen Dank für Ihr Bemühen.

Mit freundlichen Grüßen

...

 



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 7. Juli 2024 12:02
An: ...
Betreff: AW: Terminanfrage Erstgespräch

Sehr geehrte Frau ...,

Danke für Ihre Anfrage.

Zur Zeit hätte meine Kollegin freie Termine.

Möglich wären auch Termine via Onlinemeeting (Zoom) oder Telefon.

https://de.wikipedia.org/wiki/Zoom_Video_Communications


Bei Bedarf wäre auch eine aufsuchende Beratung möglich - z.B. bei Ihnen zu Hause oder an einem anderen geeigneten Ort in der Nähe. Hier würde eine zusätzliche An- und Abfahrtpauschale entstehen, über deren Höhe sich zu verständigen wäre.


Die Stunde kostet im Einzelsetting 80,00 €.

Es können auch kürzere oder längere Sitzungszeiten vereinbart werden, die anteilig weniger oder mehr kosten würden.


Viertelstündiges Zeitguthaben 20 €
Halbstündiges Zeitguthaben 40 €
Dreiviertelstündiges Zeitguthaben 60 €
Einstündiges Zeitguthaben 80 €


Bei erhöhter Fallschwierigkeit - so z.B. zwei oder mehr Teilnehmer/innen bei einem Termin, Fremdsprachenkompetenz, Termine an Wochenenden und Feiertagen, etc. - kommt ein Zuschlag von 20,00 € je in Anspruch genommener Zusatzleistung hinzu.

Der Stundensatz für eine Paarberatung / Familienberatung läge somit bei 100,00 €.


Falls die finanziellen Möglichkeiten stark beschränkt sind (geringes Einkommen, Schulden, Bezug von Bafög, Bürgergeld, Sozialhilfe), ist ein ermäßigter Stundensatz möglich.


Eine Kostenübernahme durch das Jugendamt kann beantragt werden, wenn Kinder und Jugendliche von einer Problemlage betroffen sind, Musterantrag anbei.

Die Bearbeitungszeit im Jugendamt beträgt - bei schneller Bearbeitung - zwei bis vier Wochen. Eine Kostenübernahme gilt erst ab dem Zeitpunkt der Bewilligung, nicht rückwirkend.


Ich habe meine Kollegin gebeten, sich mit Ihnen wegen einer möglichen Terminvereinbarung in Verbindung zu setzen.


Mit freundlichen Grüßen


Peter Thiel

 


-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 9. Juli 2024 10:06
An: ...
Betreff: Aw: AW: Terminanfrage Erstgespräch

Sehr geehrter Herr Thiel,

Vielen Dank für Ihre Antwort. Frau ... hat ebenso bereits Kontakt zu uns aufgenommen.

Unsere Tochter ist bereits in psychotherapeutischer Behandlung.

Nachdem wir beschlossen haben uns als Familie beraten zu lassen, war sie nicht begeistert "...zu noch so einer Tante zu müssen...".

Gern würden wir uns von Ihnen als Mann beraten lassen wollen. Damit möchten wir absolut nicht die Kompetenz Ihrer Kollegin in Frage stellen.

Es geht uns vielmehr darum, dass mit Ihnen als Mann möglicherweise eine größere Annahme bzw. Bereitschaft seitens unserer Tochter gegeben ist.

Aufgrund der Ferien ist ein gemeinsamer Termin mit unserer Tochter frühestens nach den Ferien möglich. Sollten Ihrerseits jedoch bis auf Weiteres keine Termine möglich sein, würden wir natürlich auch einen Termin bei Ihrer Kollegin vereinbaren.

Mit freundlichen Grüßen

...

 

 



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Dienstag, 9. Juli 2024 13:08
An: ...
Betreff: AW: AW: Terminanfrage Erstgespräch

Sehr geehrte Frau ...,

danke für Ihre Nachricht.

Wie stellt sich denn die aktuelle Problemlage aus Ihrer Sicht und aus Sicht der Tochter dar?


Mit freundlichen Grüßen


Peter Thiel

 






-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Mittwoch, 10. Juli 2024 08:41
An: ...
Betreff: Aw: AW: AW: Terminanfrage Erstgespräch

Sehr geehrter Herr Thiel,

Ihre Frage nach der aktuellen Situation ist für mich nicht einfach zu beantworten, da sie aus unserer elterlichen Sicht sehr vielschichtig ist.

Wir hatten bis vor einigen Monaten in unserer Wahrnehmung als Eltern ein gutes, offenes und vertrauensvolles Verhältnis zu unserer jetzt 15,9 jährigen Tochter.

Es gab die nicht untypischen Spannungen im Rahmen von Pubertät, Identitätsfindung und Einläuten des Ablöseprozesses. Jedoch hatten wir nie das Gefühl, keine Beziehung mehr zueinander zu haben.

Seit einigen Monaten hat sich dies jedoch schleichend verändert mit zunehmenden Konflikten, Rückzugsverhalten seitens unserer Tochter ... bis hin zu offen gezeigter Ablehnung, Abwertung und Verachtung uns Eltern gegenüber.

Wie vermuten, dass sie selbst auf der Suche nach sich selbst ist und dabei alles entwertet, was in Beziehung zu uns als Eltern steht.

Im jetzigen gemeinsamen Urlaub eskalierte letztlich die Situation.

Sie bezeichnet uns als „seit langem kaputte Familie“, konnte uns aber nicht wirklich erklären, worin für sie das Kaputtsein besteht. Wir als Eltern hatten unsere Familie bisher nicht als kaputt wahrgenommen. Doch nun erleben wir uns als Familie zunehmend als „kaputt“, da sich unsere Tochter so massiv von uns abwendet und uns mit emotionaler Gleichgültigkeit begegnet.

Wir erleben sie uns gegenüber teilweise völlig wesensverändert und vieles infrage stellend. Dies betrifft auch eigene vormals geäußerte Lebensansichten, eigene Lebensentwürfe und Interessen. Zum Beispiel wird der weitere Besuch des Gymnasiums trotz guter Leistungen in Frage gestellt.

Auch hat ... laut eigener Aussage den Glauben an Gott verloren. Sie würde gerne so schnell wie möglich ihr Elternhaus verlassen.

Wir befürchten weiteren unkritischen Alkoholkonsum (Zitat ggü. Freundin: „…ich nehme alles an Alkohol was ich bekommen kann….“).

Sie ist für uns nicht mehr erreichbar, wendet sich ab und sagt in aller Deutlichkeit, dass wir ihr egal seien und sie uns gegenüber nichts mehr spüre.

Wir haben noch einen 13jährigen Sohn, der auch sehr unter der Situation leidet und letztlich viel zurückstecken muss, da die „Beziehungsdynamik“ zwischen ... und uns Eltern allgegenwärtig scheint.

Wie ... selbst die Situation einschätzt, kann ich nur vermuten.

Möglicherweise geht es ihr darum, mehr Freiheiten zu erlangen, sich auszuprobieren und sich der „elterlichen Kontrolle“ zu entziehen, was in ihrem Alter letztlich völlig legitim ist.

Jedoch erschreckt und besorgt uns ihre massive Abwertung sowohl uns als Personen als auch bisheriger gemeinsamer Erlebnisse, Lebensentwürfe usw.. An ihre Kindheit und viele schöne Erlebnisse und Ereignisse möchte sich .... nach unserem Eindruck gar nicht mehr erinnern.

Einerseits denke und hoffe ich, dass auch sie sich in der aktuellen „Beziehungs“-Situation mit uns nicht wohl fühlt, andererseits unterbreitet sie uns u.a. Vorschläge zum weiteren Zusammenleben in WG-Form, wo wir uns doch „..wieder gut verstehen können…“.

Wir sind sehr besorgt über die weitere Entwicklung unserer Tochter.

Die Auswirkungen auf unsere Familie und Eheleben sind gravierend.

Täglich gibt es neue belastende Konfliktsituationen.

Trotz allem haben wir auch Hoffnung und Zuversicht mit Ihrer Begleitung einen neuen gemeinsamen Weg zu finden, der den Ablösebestrebungen unserer Tochter gerecht wird und wir dabei nicht den (emotionalen) Kontakt zu unserer Tochter verlieren.

Wir möchten weiter mit ihr in Beziehung bleiben können, ohne dass sie sich dadurch eingeengt fühlt.

Wir als Eltern sehen viele Äußerungen von ... zu bearbeitende Themen u.a. in Zusammenhang mit ihren sozialen Kontakten:

* ... Wahrnehmung dass wir auch eine „kaputte“ Familie sind enge Freundinnen von ihr sind in nicht intakten Familienverhältnissen aufgewachsen;
* Absicht den christlichen Glauben abzulegen und in die Moschee zu gehen nach engerem Kontakt mit muslimischen Mitschülerinnen;
* Thema Alkohol;
* Absicht eine Ausbildung zu machen und das Gymnasium zu verlassen nach Kennenlernen ihres jetzigen Freundes der sich in Ausbildung befindet.


Soweit erst einmal der Versuch einer Zusammenfassung unserer derzeitigen Situation.

Gern kann ich unsere Tochter ... darum bitten Ihnen ebenso aus ihrer Sicht eine Mail zu schreiben, wie sie die derzeitige Problemlage einschätzt. Geben Sie mir hierfür gern eine kurze Rückmeldung.

Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen

...

 



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Donnerstag, 11. Juli 2024 10:10
An: ...
Betreff: AW: AW: AW: Terminanfrage Erstgespräch

Sehr geehrte Frau ...,

danke für die ausführliche Schilderung.

Ich denke, dass ein erster Termin mit meiner Kollegin nützlich sein wird.

Ansonsten wäre auch zu überlegen, ob man hier nicht über das Jugendamt für ein halbes Jahr eine aufsuchende Familientherapie einrichtet, um die dem Verhalten Ihrer Tochter zugrunde liegenden Probleme anzugehen.


Mit freundlichen Grüßen


Peter Thiel

 

 

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