Gewalttätiger Vater

 

 

 

 

 

Peter Thiel 

Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)

E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

 

Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.

 

 




-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Mittwoch, 16. Juli 2025 21:25
An: ...
Betreff: Anfrage Lebensberatung/Coaching

Sehr geehrter Herr Thiel,

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist ..., ich bin 36 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines Sohnes (3).

Momentan benötige ich dringend eine persönliche sowie berufliche Beratung, welche jedoch nicht mit einer psychiatrischen Diagnose gelabelt werden soll oder muss.

Gleichwohl habe ich bereits Erfahrung mit Therapie (privat) sowie mit Supervision und Coaching (beruflich).

Bitte entschuldigen Sie den langen Text; ich bin nicht sicher, wie viel davon Sie bereits jetzt lesen wollen/müssen, aber ich möchte Ihnen aufzeigen, um was es mir konkret geht. Sollte das für Sie (noch) nicht relevant sein, können Sie es ja überspringen.

Grundständig bin ich ... und habe auch lange im psychiatrischen sowie forensischen Kontext gearbeitet.

Nach einer akuten Belastungsreaktion auf ein berufliches „Trauma“ (in Anführungszeichen, weil ich mir nicht sicher bin, inwieweit meine Erfahrungen mit Traumata vergleichbar sind und ich diese auch keinesfalls ab-/entwerten möchte) – welche damals in eine depressive Episode mündete und mittels einiger therapeutischer Stunden aufgearbeitet wurde – habe ich einen klaren Schnitt vollzogen und mich einem gänzlich anderen Arbeitsfeld zugewandt. Seitdem arbeite ich im öffentlichen Dienst und bin inzwischen auch verbeamtet.

Seit einem Jahr bekleide ich eine Führungsposition im sog. „mittleren Management“: ich bin Teamleitung, habe aber selbst noch Vorgesetzte.

Und hier liegt gerade sehr der Hase im Pfeffer. Obschon ich ein berufliches Coaching absolviere (welches allerdings bald endet), fehlen mir konkrete Strategien im Umgang mit großen Veränderungen, die auf mein Team und mich demnächst zukommen werden.

Ich zweifle an meinen Entscheidungen, fühle mich „verraten“, hilflos und ausgeliefert. Hier spielen definitiv auch Persönlichkeitsanteile sowie meine Biografie eine große Rolle. Und genau das würde ich gern näher beleuchten.

[Vielleicht noch kurz zu den Päckchen, die ich mitbringe, damit Sie eine Ahnung gewinnen, mit was Sie es zu tun haben könnten:

Aufgewachsen bin ich in relativer Armut, mit einigen Geschwistern und einer alleinerziehenden Mutter, die meinen alkoholkranken und ihr gegenüber gewalttätigen Vater endlich verlassen konnte, nachdem er bei einem Streit mit einer Axt auf sie losgegangen ist (der Umstand, dass wir damals nicht als sog. „Beziehungsdrama“ in der Presse gelandet sind, ist einem meiner älteren Brüder zu verdanken).

Ich hatte mein Leben lang keinen echten Vater oder ein Bild davon; höchstens, wie ich es mir gewünscht hätte.

Meine Kindheit habe ich im Rahmen einer Therapie während meines Studiums einigermaßen aufgearbeitet (zumindest, was meinen Vater angeht).

Mit 15 Jahren habe ich meinen Mann kennen- und lieben gelernt. Wir sind seitdem ein Paar, wenngleich es manchmal haarscharf auf der Kippe stand.

Seit acht Jahren sind wir verheiratet, haben unseren wundervollen und sehr gewünschten Sohn bekommen, dem allerdings ein Sternenkind vorausging (missed abortion in der 12. SSW).

Wir haben uns aus der von uns beiden erlebten Armut herausgekämpft, wohnen in einem eigenen Haus in ..., haben gute Einkommen und materiell ist alles im Lot.

Übrigens: entgegen etwaiger Befürchtungen reproduziere ich meine Erfahrungen aus der Kindheit keineswegs mit meinem Mann.

Die Care-Arbeit teilen wir uns, so gut es geht, hälftig auf; allgemein erlebe ich uns auch nach all den Jahren als gefestigt und er ist nach wie vor mein Fels in der Brandung. Es ist nicht immer leicht und eine (glückliche) Beziehung ist definitiv harte Arbeit, aber die Schwierigkeiten, die manchmal nunmal auftreten, konnten wir bisher immer lösen.

Gekoppelt an die beruflichen Herausforderungen merke ich, wie ich immer mehr in eine weitere … depressive Episode (?) abzurutschen drohe.

Lebensfreude scheint mir abhanden zu kommen, prinzipiell schöne Ereignisse wie Konzerte (zum ersten Mal, seit wir Eltern sind) oder der 2. Geburtstag unserer Nichte (für mich war das bei unserem Sohn ein riesiger Meilenstein) haben für mich aktuell keinen Glanz, sondern lösen allerhöchstens Schulterzucken aus, wenn nicht gar Stress.

Essen ist pure Nahrungsaufnahme und kaum mit Genuss verbunden, selbst wenn wir nach wie vor am Wochenende ein „Paar-Abendessen“ allein ohne Kind zelebrieren.

Weitere hedonistische Befriedigungen „kicken“ nicht (mehr): Alkohol, Sex, Musik, Hobbies, … alles schön und gut, aber momentan ist mir das quasi „den Aufwand nicht wert“. Auf der Couch liegen und mich berieseln lassen ist seit Wochen meine bevorzugte Bewältigungsstrategie.

Ich habe keine Energie mehr, bin morgens schon ausgezehrt, wenn ich die Augen aufschlage.

Achja, wo wir schon beim Thema Schlaf sind: seit Wochen schlafe ich schlecht. Trotz teils bleierner Müdigkeit kann ich nur schwer einschlafen, von Durchschlafen und Erholung – selbst am Wochenende – ganz zu schweigen (und das, obwohl unser Sohn es uns bei seinem eigenen Schlaf sehr leicht macht). Darauf wiederum reagiere ich gern mit Spannungskopfschmerz oder Migräne.

Ich fühle mich permanent angespannt, bin dünnhäutig und wenn ich an die Zukunft denke, fühle ich zuletzt kaum noch Freude auf das, was kommt. Eher ein „muss ja“.

Unserem Sohn versuche ich, die beste Version meiner Selbst zu sein, und ich will unbedingt vermeiden, dass er dräuende Melancholie und (subtile?) Depression als Lebenskonzept wahrnimmt.

Wenn er irgendwann sagen kann „ich bin zufrieden“, würde mich das unglaublich freuen. Würde es gar ein „ich bin glücklich“, wäre das fantastisch. Er soll nie bereuen, ungefragt auf diese Welt geworfen zu worden sein.]

Ich bringe also sicher einiges mit, was sich genauer anzuschauen lohnt. Daher würde es mich wirklich sehr freuen, wenn Sie noch Kapazitäten hätten.

Da ich Vollzeit arbeite, wären Termine vorrangig am späten Nachmittag/frühen Abend am ehesten für mich machbar.

Ich bin aber für alle Vorschläge Ihrerseits offen. Ich muss und will JETZT die Reißleine ziehen.


Für Ihre Rückmeldung danke ich Ihnen vorab und sende Ihnen


Freundliche Grüße

...

 

 

 

 

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