Bürokratie

 

 

 

 

 

Peter Thiel 

Systemischer Berater und Therapeut / Familientherapeut (DGSF)

E-Mail: info@praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

Internet: http://praxis-fuer-loesungsorientierte-arbeit.de

 

Die nachfolgenden Anfragen wurden teilweise leicht verändert, um die Anonymität der Anfragenden zu sichern.

 

 




-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Montag, 27. Januar 2025 16:08
An: ...
Betreff: Aw: AW: Beratungsanfrage

Sehr geehrter Herr Thiel,

ich möchte gerne eine systemische Beratung, wenn möglich auch Familien-Beratung in Anspruch nehmen.

Die Erstberatung in der Häuslichkeit bitte (Unwissenheit, Widerstände (Partner) und Ängste (Tochter)).

Unsere Tochter (11J.) hat eine ...-Epilepsie und zieht sich aufgrund der Symptome immer mehr zurück:

* sie möchte nicht, dass fremde Personen sie im Anfall sehen

* daraus folgt, dass sie nicht mehr am ...-Training teilnimmt

* seit Dezember wird eine Schulbegleitung benötigt (die 4 Schul-Jahre zuvor bewältigte sie den Schulalltag selbstständig)

* es entstehen Glaubenssätze wie: "ich bin gruselig", "ich bin meinen Freunden lästig, weil ich Arbeit bedeute, wenn ich einen Anfall habe", "ich bin behindert"

* zu den Anfällen gehören Momente der Angst, Amnesien, Halluzinationen. Dadurch entstehen weitere Glaubenssätze wie: "ich bin ein Angsthase. Ich bin verrückt." Die Gedächtnislücken schüren weitere Ängste und ließen Trennungsangst entstehen.

Aktuell vergeht kein Schultag ohne eine Panikattacke, oder einem epileptischen Anfall (bisher ist kein Medikament für die Epilepsie gefunden)

* ich als Mama halte sie gerade nicht für schulfähig - der Papa sieht dieses anders

* sie besucht die 5. Klasse einer Regelschule (Einschätzung bisher: MSA, Notendurchschnitt: 2,3); sämtliche Kinder- und Jugendpsychiatrische Diagnostik (Angst- u. Zwangsstörung negativ) durchlaufen.

* IQ - Test: altersentsprechende Kognition


Ich beschäftige mich viel mit "Umpolung/Änderung" von Glaubenssätzen - sehe mich aber als die falsche Person. Meine Tochter ist da auch ganz klar: "du bist meine Mama, du musst ja sagen, dass ich nicht gruselig bin."

Unser 14jähriger Sohn ist im Umgang mit der reinen Epilepsie, d.h. mit den Anfällen ganz pragmatisch: "jeder Anfall hat ein Anfang und ein Ende" - begleitet die Anfälle ruhig und liebevoll. Scheinbar tiefenentspannt. Versteckt sich auch nicht nach außen, lädt Freunde zu uns ein und diese bleiben auch über Nacht.

Sollten da "blöde" Sprüche kommen, gibt es von seiner Seite sehr gute Erklärungen oder auch Zurechtweisungen. Er wirkt auf mich gefestigt. Dennoch erfährt er schon so einige Einbußen: Urlaube , Ausflüge u.ä. finden aufgrund der Erkrankung unserer Tochter nicht statt oder müssen leider unterbrochen werden. Einer von uns ist stets mit ihr unterwegs zu Klinikaufenthalten, Arztbesuchen, Therapien.

Wir als Eltern sind unheimlich hilflos. Nicht aufgrund der Erkrankung oder dem Umgang damit. Das Aushalten im System: Warten auf Reaktionen von Pflegekasse (MDK), Ablehnungen, Widersprüche, Eingliederungshilfe bzgl. Schulbegleitung und Schulwegbegleitung, d.h. klare Sachlagen in den SGB V, IX und XI und Ablehnungshaltung der zuständigen Sachbearbeiter., Erreichbarkeiten derer etc. Das kostet so unendlich viel Kraft.

Unsere Tochter geht so gern zur Schule, ist von ihrem Naturell her ein fröhliches und albernes Mädchen, frech und mutig, empathisch, freundlich und zugewandt. Sie spielt gerne mit Freunden draußen und liebt jegliche sportliche Herausforderung. Davon ist nicht mehr viel übrig geblieben.

Sie merkt, dass Freunde sich zurückziehen und sie selbst tut es zunehmend. Diesem wollten wir gerne vorbeugen. Aber für Prävention war im System kein Auge/Ohr/Sinn - ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Wir haben an allen Ecken um Handwerkszeug für uns zu Hause gebeten, damit wir sie unterstützen können und es nicht soweit kommt.

- aktuell ist sie in der KJP in ... ambulant angebunden (es dauert, Elterngespräche fanden auch hier noch nicht statt)

- medizinisch ist sie noch nicht richtig eingestellt (es dauert, Wartezeiten für ambulante und stationäre Termine, Rückrufe erfolgen nicht, Email-Antworten dauern teilweise 2-3 Wochen - trotz schlechter Medikamentenverträglichkeit)

- für alles werden Diagnosen benötigt - unfassbar. Dieses System, dass immer noch so auf Krankheit ausgerichtet ist. Dabei sollen drohende Behinderungen abgewendet werden. Scheint noch niemand etwas von gehört zu haben.

Unsere Tochter wurde immer mehr behindert durch Behördlichkeiten, starre Bürokratie und unfähige Menschen, bei denen Anträge landeten. Sie ist halt, so wie viele andere Menschen auch, nur ein Fall.

Sie muss nicht noch mehr ändern, um in die richtige Schublade für irgendeinen ICD-10-Schlüssel oder ICF-Schlüssel zu passen.

Aber wir als Eltern können etwas ändern: nur wissen wir nicht mehr was noch. Ein Blick von außen schien uns am sinnvollsten - systemisch.

Dass ich an meiner (nicht vorhandenen :) ) Geduld noch mehr arbeiten muss, ist mir bewusst. Das Thema aushalten, trage ich schon lange mit mir.

Aber was können mein Mann und ich noch im System Familie unterstützend ändern/integrieren/abstellen, damit wir unsere Tochter wieder gut "auf die Beine gestellt bekommen" und unseren Sohn hoffentlich weiterhin selbstbewusst mitnehmen und er nicht das Gefühl bekommt, er stehe in zweiter Reihe?

Daher wünschen wir uns eine zumindest Erstberatung bei uns Zuhause. Muss auch nicht zwingend über die Beratungsstelle ... laufen.

Sie können uns gerne Adressen vermitteln. Wir übernehmen selbstverständlich auch Selbstzahlerleistungen. Wir sind hilflos und verzweifelt.

Unsere Tochter hat einen Pflegegrad II und einen GdB 80, Schulbegleitung wird von EGH übernommen. Könnte der Antrag für solch eine Beratung auch bei EGH eingereicht werden, oder ist das immer Jugendamt (dann §35a SGB VIII?)?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung.

Mit sonnigem Gruß

Carina Fechner - Name geändert

 

 

 





-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 10. Februar 2019 22:03
An: ...
Betreff: Beratung bzgl.evtl. Trennung

Guten Abend sehr geehrter Herr Thiel

Ich würde mich gerne mal an Ihre Praxis wenden.

Könnte diese Beratungen auch von der Krankenkasse finanziert werden?

Ich hatte schon mal Psychotherapie und hätte bestimmt die Möglichkeit, ein Rezept dafür zu bekommen.

Ich freue mich auf Rückmeldung.

Mit freundlichen Grüßen,
...

 

 

 

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ...
Gesendet: Sonntag, 10. Februar 2019 22:30
An: ...
Betreff: AW: Beratung bzgl.evtl. Trennung

Sehr geehrte Frau ...,

Danke für Ihre Anfrage.

Da Sie eine Beratung wegen einer eventuellen Trennung wünschen, ist die Krankenkasse nicht zuständig, denn eine Trennung ist ja keine Krankheit, wenngleich man infolge einer Trennung krank werden kann, insbesondere dann, wenn eine Trennung chaotisch oder sonstwie problematisch verläuft.

Sie müssten also gegenüber Ihrer Krankenkasse darlegen, dass Sie einer Erkrankung in Folge einer Trennung vorbeugen wollen.

Nach § 21 SGB I können Kosten für Leistungen zur Förderung der Gesundheit und der Verhütung von Krankheiten von der Krankenkasse übernommen werden. Bitte wenden Sie sich bei Interesse an einer Kostenübernahme an Ihre Krankenkasse.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_1/__21.html



Gerne können Sie aber auch unkompliziert und unbürokratisch als Privatzahlerin bei uns einen Termin erhalten. Da müssen Sie nicht wertvolle Lebenszeit in Verhandlungen mit der Krankenkasse investieren, wo kein Mensch weiß, was da zum Schluss rauskommt, außer das die Nerven ruiniert sind, wie das in der Regel ist, wenn man mit der staatlichen und halbstaatlichen Bürokratie verhandelt.

...

Mit freundlichen Grüßen


Peter Thiel



 

 

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